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er im vorigen Winter noch Holland bereist, und dort in wenigen Monaten 60—70 Concerte gegeben, ging er nach kurzem Aufenthalt in Paris, stracks nach Deutschland. Ein echter, seiner Kunst sicherer Künstler hatte er es verschmäht, seine Reise voraus verkünden zu lassen. So trat er, von Marschner veranlaßt, zuerst in Hannover auf, dann in vielen Concerten in Hamburg und den nahen Orten. So haben wir ihn auch hier gehört, beinahe unvorbereitet. Der Saal war nicht übervoll; aber das Publicum schien zum doppelten angewachsen, so jubelnd erscholl der Beifall. Das Glanz- und Prachtstück des Abends waren wohl die Mayseder’schen Variationen, die er in reizender Laune mit eigenen durchwebte und mit einer Cadenz schloß, wie wir sie nur von Paganini gehört, wenn er in humoristischem Uebermuthe alle Zauberkünste seines Bogens walten ließ. Der Beifall danach ging über das gewöhnliche Maß norddeutscher Begeisterung hinaus, und wären Kränze in Bereitschaft gewesen, in Schaaren wären sie auf den Meister geflogen. Dies steht ihm noch später einmal bevor, wenn er auch, als Mensch der bescheidenste und mehr still und in sich gekehrt, sich dem entziehen wollte. Wir hören ihn noch einmal, nächsten Montag. Die Flug- und Eisenbahn hat ihn auf einige Tage in die nahe Hauptstadt entführt. Dann aber, — läßt er gar seinen „Carnaval von Venedig“ hören —, denken wir noch mehr von ihm zu berichten,[H 1] dem, scheint es, jener berühmte italiänische Zauberer, bei seinem Abschied von

Anmerkungen (H)

  1. [GJ] Ernst spielte in seinem zweiten Concert, am 27. Januar, den Carnaval. Schumann berichtete darüber [WS: am 7. Februar Google]: „Er spielte ihn zuletzt — umgekehrt der J. Paulschen Regel, nach der Virtuosen ihr Wirkungsvollstes zuerst bringen sollten. Der Eindruck war ergötzlich über die Maßen. Paganini hat dasselbe Thema (o cara mia mama) ähnlich variirt. Es waren gegen 30 Variationen über ein acht Tacte langes Thema, bunt charakteristisch, schalkisch und geistreich, Guckkastenbilder mit den am meisten vorkommenden Gestalten des Polichinels und der Colombine. Das Publicum lachte oft hell auf. Der Beifall war stürmisch, obwohl man im Uebrigen am Abend nicht in bester Musiklaune schien“. II.226 Commons