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hinterher und verboten bei Todesstrafe, bis wieder Beethoven auftrat und die schönsten Quinten einfließen ließ, namentlich in chromatischer Folge. Nun soll natürlich ein so chromatischer Quintengang, wird er etwa zwanzig Tacte lang fortgesetzt, nicht als etwas Treffliches, sondern als etwas äußerst Schlechtes ausgezeichnet werden, gleichfalls soll man dergleichen aber auch nicht einzeln aus dem Ganzen herausheben, sondern in Bezug zum Vorhergehenden, im Zusammenhang hören.[H 1] [H 2]




Franz Schubert, 4 Impromtu’s für Pianoforte.
Werk 142.


Er hätte es noch erleben können, wie man ihn jetzt feiert; es hätte ihn zum Höchsten begeistern müssen. Nun er schon lange ruht, wollen wir sorgsam sammeln und aufzeichnen, was er uns hinterlassen; es ist nichts darunter, was nicht von seinem Geist zeugte, nur wenigen Werken ist das Siegel ihres Verfassers so klar aufgedrückt, als den seinigen. So flüstert es denn in den zwei ersten Impromtu’s auf allen Seiten „Franz Schubert“ wie wir ihn kennen in seiner unerschöpflichen Laune, wie er uns reizt, und täuscht und wieder fesselt, finden wir ihn wieder. Doch glaub’ ich kaum, daß Schubert diese Sätze wirklich „Impromtu’s“ überschrieben;

Anmerkungen (H)

  1. [GJ] II.135: Als Beleg dafür war noch der Schluß der Cis moll-Mazurka (mit der bekannten Quintenkette) abgedruckt und hinzugefügt: „Und so seid mir gegrüßt, liebe Quinten! Dem Schüler streichen wir weg, was schülerhaft; dem schwärmerischen Jüngling hören wir gern zu und vom Meister lassen wir uns gar alles gefallen, was schön klingt und singt.“ Commons
  2. [GJ] II.509, Anmerkung 28: Gegen derartige harmonische Freiheiten war Schumann später doch empfindlicher, weswegen er diese Stelle wohl auch gestrichen hat. Uebrigens dachte Schumann in der Quinten- und Octavenfrage auch in jüngeren Jahren keineswegs so jacobinisch, wie bisweilen wohl angenommen wird. Es befestigte sich immer mehr die Ueberzeugung in ihm, daß die alten guten Satzregeln doch etwas mehr als nur graue Theorie seien. Gleichwohl hing er ihnen nicht mit engherzigem Buchstabenglauben an. Dafür ließen sich Belege genug beibringen. Ein scherzhaftes Beispiel fand ich in der Original-Handschrift der Davidsbündlertänze. Nr. 6 (D moll enthält im Mittelsatz (D dur), Tact 10, eine Quintenfortschreitung ; darunter steht von Schumanns Hand ein lakonisches: „Ei, ei.“ Schumann ließ die Quinten stehen. – Während er gelegentlich einmal hinwirft (1836), daß er im Traum eine Musik von Engeln gehört habe, die „der himmlischesten Quinten voll“ gewesen, so macht er ein anderes Mal (1835) auf eine Octavenfortschreitung in Mendelssohns E dur-Sonate aufmerksam. An Hirschbach schreibt er (13. Juni 1838): „Schon längst halte auch ich im Sinn, gegen gewisse Theorieen zu Felde zu ziehen, im Grunde gegen alle“ (– eine Florestansche Hyperbel –) bemerkt dann aber (13. Juli 1838) zu des Componisten Hamlet-Ouvertüre: „Einige Octaven darin kann ich aber unmöglich gutheißen, ebenso in den Quartetten.“ Wenn er gegen Zuccalmaglio äußert (8. Aug. 1838): „Ich höre mit Musiker-Ohren und kann auch im Volkslied keine Quinten und Octaven ausstehen“, so überrascht dagegen die Florestansche Verherrlichung der Quintenkette in Chopins Cis moll-Mazurka. 1853 tadelt er in einem Streichquartett von Böhme eine Quintenfortschreitung, die er beseitigt wünscht, da das Quartett „nach alten guten Regeln ein so correctes sei“. Commons