Seite:Geschichte Dithmarschens Kolster 1873.pdf/163

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

für die Erörterung allgemeiner Landesangelegenheiten eine Deputation von Eingesessenen zu bilden, nicht die von ihr gewählten Kirchspielvögte vor allen als von Amtswegen berufene Mitglieder sollte bezeichnet haben, wenn sie nicht etwa die Landesgevollmächtigten denselben bloß zur Unterstützung beigeben hieß. Endlich haben die Kirchspielvögte in ihrem Kirchspiel das Recht, die Eingesessenen nach der Kirche auf dem Kirchhof zur Besprechung gemeinschaftlicher Angelegenheiten zusammenzuberufen[1]. Es konnte aber oft nicht fehlen, daß sich an die Beschlüsse der Landesversammlung Kirchspielsversammlungen anschlossen, wie wenn im Steding’schen Fall die Versammelten erklärt hätten, die Sache ihren Kirchspielsgenossen vortragen zu müssen; da durften doch die Convocanten und Leiter der Kirchspielsversammlung nicht in der Mitte der Berathenden fehlen. Stünde nun der Steding’sche Fall vereinzelt da, so würde man doch bedenklich auf ihn hinblicken, aber es sieht fast aus wie eine Ironie des Schicksals, daß, nachdem sich diese Versammlung 40 Jahre lang dem Auge fast spurlos verborgen hat, nun mit einem Mal eine Thätigkeit derselben über die andere ans Tageslicht tritt. Eine solche Versammlung muß es gewesen sein, in der zu Flede Marcus Swyn eine außerordentliche Geldforderung des Herzogs Adolf muthig zurückwies. Einen gleichen Fall haben wir 1595 vor uns, wo freilich die Versammlung nicht erwähnt, aber durch die Verhältnisse unbedingt vorausgesetzt wird, als Herzog Johann Adolf 15000 Thaler Zulage forderte und erlangte. Von diesen sollten 6000 noch auf zehn Jahre verzinslich stehen bleiben, 4000 (9000?) aber sofort ausgezahlt werden. Die ganze Form der Erzählung zeigt, daß die Steuer nicht unmittelbar durch ein herzogliches Machtgebot auferlegt, sondern durch Verhandlungen erzielt ward. Hätten wir nicht zu dergleichen eine stehende Deputation gefunden, so ließe sich freilich nach Neocorus’ Ausdruck an eine zu diesem besondern Zwecke gewählte Versammlung denken.

  1. Neocorus II, 354.
Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Heinrich Kolster: Geschichte Dithmarschens. Nach F. C. Dahlmanns Vorlesungen im Winter 1826. Wilhelm Mauke, Leipzig 1873, Seite 144. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_Dithmarschens_Kolster_1873.pdf/163&oldid=- (Version vom 14.6.2018)