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größer als das bisherige des Kirchspiels[1], 700 Morgen, so daß sich Büsum seit 1572 vervierfacht hatte. Auch so waren noch nicht alle Fährlichkeiten überstanden, ein heftiger Sturm schädigte den neuen Deich am 6. Januar 1610 und riß große Wele; eine Commission des Herzogs mußte entscheiden, ob man dieselben in den Deich ein- oder ausschließen sollte. Die Regierung trat auf die Seite der Reinsbütteler, schickte den Kanzler, Landvogt und mehrere Kirchspielvögte; dennoch setzten die Büsumer ihren Willen durch und lieferten 1611 eine Arbeit, welche das höchste Lob des in Eiderstedt mit den Eindeichungen Beauftragten davontrug. Sie hatten aber auch mit solchem Eifer gearbeitet an dem Schluß des Werkes, das am Himmelfahrtstage während der Ebbe zu Stande kam, daß die Predigt erst am Nachmittage gehalten werden konnte. Es trug aber auch das Feld hundertfältige Frucht; Neocorus erzählt, er habe dreizehn vollkommene Aehren aus einem Korn gesehen, jede mit 6 Reihen, und 200 Körner gezählt. Unter solchen Umständen kann man sich nicht wundern, daß der Wohlstand wuchs und in Büsum ganz neue Straßen entstanden und Gebäude, dergleichen man nie zuvor gesehen.

Man kann sich nicht darüber täuschen, daß man diese neuen Eindeichungen zum großen Theil der Energie der Regierung verdankte, dagegen stoßen wir auf bittere Klagen über die Ordnung des Geldwesens im Lande, deren Kern dahin geht, daß die Büreaukratie bedenkliche Fortschritte mache und nur bedacht sei, ihre Einkünfte zu mehren, und das in einer Weise, die man in Süderdithmarschen nicht kenne. Der 1599 zu Ordnung der Verpfändungen angesetzte eigene Gerichtstag ward durch Gebühren drückend, und die 1601 in der Pfandordnung gemachten Aenderungen bezeichnet Neocorus als schweren Druck. Als nun vollends in demselben Jahre die Erhebung der Brüchen, zu der sich bis dahin der Landvogt in die einzelnen Kirchspiele begeben hatte, nach Heide gezogen ward, da meint der Chronist, nun sei der letzte Schatten einer Freiheit des Landes

  1. Michelsen, Urkundenbuch, S. 360: im Ganzen 687 Morgen, nämlich 373 alten und 314 neuen um 1580 eingedeichten Landes.
Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Heinrich Kolster: Geschichte Dithmarschens. Nach F. C. Dahlmanns Vorlesungen im Winter 1826. Wilhelm Mauke, Leipzig 1873, Seite 155. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_Dithmarschens_Kolster_1873.pdf/174&oldid=- (Version vom 14.6.2018)