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Darnach zieht eine Zahl von Erlassen über Criminalverbrechen vom Jahre 1607 unsere Aufmerksamkeit auf sich, die uns ahnen läßt, daß die Zeit des Verlustes der politischen Selbstständigkeit keineswegs eine Zeit erhöhter Sittlichkeit gewesen sei. Die erste derselben belegt den Ehebruch für Mann und Weib gleichmäßig mit Todesstrafe. Von vollstreckten Strafen der Art schweigt freilich Neocorus, der sonst allerdings traurige und schreckliche Data aus der Sittengeschichte genug liefert. Daß aber die Verfügung einen wunden Fleck traf, zeigt der Umstand, daß die Dithmarschen eine Unterhandlung mit dem Hofe über eine außerordentliche Steuer benutzten, um eine Ermäßigung der Strafe in eine schwere Geldbuße zu erreichen. Nicht minder wird der Todtschlag ins Auge gefaßt. Den Angehörigen wird die gerichtliche Verfolgung des Mörders zur Pflicht gemacht bei Verlust jeglichen Anspruchs auf die Erbschaft. Die Habe des Todtschlägers soll sofort vom Landvogt eingezogen und ex officio gegen ihn verfahren werden. Ihn zu beherbergen wird bei willkürlicher Strafe verboten, Schlägereien und namentlich blutige Händel sollen nicht allein bei den Localbehörden, sondern auch beim Landvogt angegeben werden. Neue Befehle, binnen vierzehn Tagen in Rechtshändeln die Beweise beizubringen, zeigen, daß man entschlossen ist, der alten Lust an der Chicane energisch entgegenzutreten; characteristisch aber ist, daß auch bei ernstlicher Strafe verboten ist, Ehen mit wohlhabenden Mädchen zu vermitteln.

Von Süderdithmarschen ist gar wenig überliefert. Fast möchte man glauben, das Leben sei dort ruhiger und gleichmäßiger gewesen. Die Anlegung des neuen Weges über Hohenhörn war ihm fast allein zugefallen und hauptsächlich das Verdienst des Landvogts Michael Boie gewesen, der freilich die Eröffnung desselben nicht erlebte. 1598 legte er sein Amt nieder, um die letzten drei Jahre seines Lebens in Ruhe zuzubringen. Ihm folgte als Landvogt Johannes Heldt bis 1608, wo ihm der Meldorfer Nicolaus Bruhn folgte, ein Sohn wahrscheinlich jenes Claus Bruhn, der einige Jahre lang, von 1572 bis 1579, die Landvogtei verwaltet hatte.

Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Heinrich Kolster: Geschichte Dithmarschens. Nach F. C. Dahlmanns Vorlesungen im Winter 1826. Wilhelm Mauke, Leipzig 1873, Seite 157. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_Dithmarschens_Kolster_1873.pdf/176&oldid=- (Version vom 16.9.2022)