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(freilich meist feindseligen) Verkehr mit den benachbarten Friesen. – Die Wörter lassen sich eben noch zählen. Und wenn die Zahl zehnmal so groß wäre, so würde das nichts an dem Resultat ändern: Neocorus’ Chronik selber ist der beste Beweis für seine Behauptung, daß die Dithmarschen Sachsen und nicht Friesen seien; ist es doppelt, je zäher und stabiler der friesische Dialect ist. Den Friesen vindicirt Grimm (Geschichte der deutschen Sprache II, 668) zähes Haften an der Scholle neben tapferster Vertheidigung derselben gegen jeden Angreifer. Tacitus sagt von ihnen: „sine cupiditate, sine impotentia, quieti secretique nulla provocant bella“; keine Wanderungen: Ausdehnung des Stammes von der Schelde bis Jütland. Westfriesland ist ihm die eigentliche Heimath der Friesen, Ost- und Nordfriesen sind Nachkommen der Chauken, die uns Plinius auf ihren Wurthen schildert. Ihr Stammverhältniß zu den Grenznachbarn, Bataven, Chamaven, Werinen, Angeln und Sachsen lasse sich aus Mangel an Nachrichten nicht bestimmen. Ueber ihre Sprache macht er die Bemerkung, daß ihr die Poesie fehle, weist auf ihre zähe Beschaffenheit hin, vermöge welcher weniger Veränderungen in ihr vorkommen als in irgend einem andern deutschen Dialect. Dialectisch stellt er sie zwischen Angelsachsen und Skandinaven. Vgl. Grimms Grammatik.

An die Bemerkung Grimms, daß der friesischen Sprache die Poesie fehle, wollen wir eine Bemerkung knüpfen, welche geeignet ist, die Verschiedenheit von Friesen und Dithmarschen zum Bewußtsein zu bringen. Auch Almers in seinem vortrefflichen Marschenbuche, das uns die Eigenthümlichkeiten der friesischen Elb- und Wesermarschen in so schönen charakteristischen Zügen schildert, erinnert uns an das Frisia non cantat und schildert uns S. 143 die friesischen Arbeiter, wie sie schweigend Abends vom Felde kommen, und mögen ihrer noch so viele sein, in einer Reihe hinter einander herschlendern, als gingen sie in einem Leichenzuge; Keinem fällt es ein zu singen: singen dünkt dem Friesen eine Arbeit. Anders der Dithmarscher: Neocorus führt I, 495 sechs Lieder auf die Schlacht bei

Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Heinrich Kolster: Geschichte Dithmarschens. Nach F. C. Dahlmanns Vorlesungen im Winter 1826. Wilhelm Mauke, Leipzig 1873, Seite 217. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_Dithmarschens_Kolster_1873.pdf/236&oldid=- (Version vom 14.6.2018)