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eine Absicht zeigte, dem Feinde den Rückzug nach Wörden abzuschneiden. Das zwang die Dithmarschen, aus ihrer Schanze herauszukommen. Dreihundert Mann etwa, sagt Krantz, stellten sich zur Deckung des Rückzugsweges der Garde entgegen (es sind wohl die dreihundert, welche Neocorus allein in der Schanze kennt), die Uebrigen fuhren fort, in den schmalen Weg zwischen die gedrängt stehenden Truppen zu feuern, d. h. heilloses Unglück anzurichten. Aber auch die Dithmarschen schädigte das Geschütz des Feindes erheblich und es gelang nicht, dasselbe niederzuwerfen. Die Aussichten schienen den Königlichen günstiger zu werden, da fiel der Anführer, Junker Schlentz. Er war leitend und kämpfend an der Spitze der Seinigen gewesen und hatte laut irgend einen herausgefordert zum Zweikampf. Endlich fand sich ein Mann, ihn zu bestehen, man nennt ihn Reimer von Wimerstedt. Er wußte mit seiner Hellebarde den Lanzenstoß des Ritters zu pariren, dann, nachdem dieselbe sich im Kettenpanzer des Ritters verwickelt, mit Hülfe zweier andern ihn von seinem Pferde zu reißen und ihn, trotz seines Panzers, zu tödten, indem sie wechselweise auf die Hellebarde sprangen. Mit seinem Fall erlosch die letzte Hoffnung; die Ordnung wich. Das Wasser überschwemmte die Felder immer mehr und machte Schritt und Tritt unsicher. Die Natur des Bodens nöthigt den Marschbauern, sein Feld in lauter schmale Streifen, von etwa zwei Ruthen Breite zu theilen, die stark abgerundet, durch kleine Gräben, Pipen genannt, geschieden sind. Bekannt mit dieser Eigenthümlichkeit, konnten die Dithmarschen leicht die Stelle erkennen, wo in geringer Tiefe Grund zu finden war, und mit ihren Springstöcken sich dahin schwingen, während ihre Gegner aus einer Untiefe in die andere geriethen und durchkältet bis aufs Mark der Knochen bei jedem Fall rettungslos verloren waren. So ward in zwei Stunden ein Corps vernichtet, das Jahre lang der Schrecken Niedersachsens gewesen war.

Mit seinem Untergang war alles verloren; der Reiterei machte die Tiefe und Enge des Weges Kampf und Flucht gleich unmöglich: dazu auch die Wagen, die im Versuch umzukehren,

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Wilhelm Heinrich Kolster: Geschichte Dithmarschens. Nach F. C. Dahlmanns Vorlesungen im Winter 1826. Wilhelm Mauke, Leipzig 1873, Seite 300. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_Dithmarschens_Kolster_1873.pdf/319&oldid=- (Version vom 14.6.2018)