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sie nicht gewöhnt, das konnten sie nicht ertragen. Auch sahen wir schon, wie es jenen ersten, die eben das versuchten, ergangen war. Graf Rudolf II. nun, der sich denn etwa durch Hinzuerwerbung der nördlichen Hälfte von Dithmarschen entschädigen wollte für den größern Theil seines Stammerbes, beschloß jenes zu thun. Er faßt den Entschluß, in Dithmarschen, und zwar auf der festen Böklenburg, seinen Wohnsitz aufzuschlagen und, wie die Dithmarschen nun behaupten, so war dies zugleich verbunden mit ungewöhnlicher Härte. Sie erzählen: er habe Steuern ausgeschrieben an Naturalien sowohl als an Geld, häufiger und stärker, als gewöhnlich, und dieses Alles habe die Dithmarschen vermocht, darauf zu sinnen, wie sie sich der unbequemen Herrschaft entledigen möchten. Der Hergang dieser Sache ist mit vielen Sagen ausgeschmückt, namentlich mit der, wie in jener Zeit Mißwachs und Theurung gewesen, und wie der Graf gleichwohl nicht nur den Zins vom vorigen Jahre, sondern auch den laufenden verlangt habe; wie er das Land für überreich gehalten, auch dadurch verführt, daß er einmal zu Gast gewesen bei einem reichen Dithmarschen, Namens Wirth in Schaafstede, der ihn reichlich bewirthet und darauf seinen Reichthum an Korn und Vieh gezeigt habe. Als der Graf in seiner Strenge nicht nachließ, wozu ihn auch die regierende Gräfin ermuntert haben soll, so beschlossen die Dithmarschen, sich seiner zu entledigen. Es wird erzählt, daß eine Menge Wagen zur Burg hineingefahren wären, beladen mit Säcken, als kämen sie den geforderten Kornzins abzutragen; in den Säcken wäre aber nicht Korn, sondern eine Menge bewaffneter Männer gewesen; auch wären neben den Wagen eine große Menge Männer gegangen, als bestimmt beim Abladen zu helfen. Aber als sie in die Burg kamen, da riefen sie einander plötzlich zu, die Stricke um die Säcke loszuschneiden. So vereinigten sich Alle und rüsteten sich, die Burg zu stürmen, in welche sie schon eingedrungen waren. Auch hatte man durch einen Wagen, den man im Fallgitter stehen ließ, verhindert, daß das Fallthor nicht niedergelassen werden konnte. Nun suchten sie den Grafen und

Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Heinrich Kolster: Geschichte Dithmarschens. Nach F. C. Dahlmanns Vorlesungen im Winter 1826. Wilhelm Mauke, Leipzig 1873, Seite 47. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_Dithmarschens_Kolster_1873.pdf/66&oldid=- (Version vom 14.6.2018)