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benennt. Sie hatte aber nur kurzen Bestand; denn es wird erzählt, daß die Dithmarschen sich auch dieser auf listige Weise bemächtigten, indem sie die Zeit des Pfingstfestes benutzten, wo der größte Theil der Besatzung die Burg verlassen hatte, um im Freien sich zu belustigen, und sich glücklich in dieselbe hineinwarfen, die darin befindliche Besatzung theils gefangennahmen, theils niedermachten, und den Theil, der im Freien gewesen war, von der Erstürmung abschlugen.

Der Erzbischof Hartwig ist verstorben im Jahre 1168, und sein Nachfolger war Balduin. Der war Caplan Heinrichs des Löwen gewesen, dankte ihm eigentlich seine jetzige Erhöhung, und war also am wenigsten geneigt, es mit dem Herzog zu verderben und einen ernstlichen Versuch zu machen, die seinem Erzbisthum entzogene Grafschaft wieder zu erwerben. Er ließ die Sache so hingehen und deshalb blieb Stade sammt Dithmarschen ungestört dem Herzoge[1]. Allein 1178 stirbt Balduin und ihm folgte ein Erzbischof nach aus einem Hause, das gerade in dieser Zeit bestimmt war, aus mittelmäßigem Stande zu großer Herrschaft sich zu erheben, nämlich aus dem anhaltischen oder ascanischen Hause. Dieser Erzbischof war Siegfried, Bruder Herzog Bernhards, welcher bald darauf mit bedeutender Kraft, durch glückliche Umstände begünstigt, Gelegenheit fand, sich Heinrich dem Löwen entgegenzusetzen. Dieses Herzogs Macht war auf den höchsten Gipfel gestiegen. Ueber alle andern deutschen Fürsten hervorragend, war er in Deutschland selbst mächtiger als der Kaiser, welcher aber gerade jetzt den gewaltigen Vasallen in die Acht erklärt, weil er seinem Kaiser in einem Augenblick ungetreu ward, da dieser, verwickelt in italienische Angelegenheiten, seiner vorzüglich bedurfte. Kaum ist das geschehen, als sich alle Feinde des Herzogs gegen ihn erheben, deren er eine große Menge sich zugezogen hatte durch

  1. Bolten erinnert hier daran, daß eine Schwester der Grafen Rudolf und Hartwig an den dänischen König Erich Lamm vermählt gewesen war, und möchte aus der Rolle, die ein Dithmarscher Etheler im dänischen Heere spielte, auf dänische Ansprüche und eine dänische Parthei im Lande schließen. Indessen fiel Etheler schon 1148.
Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Heinrich Kolster: Geschichte Dithmarschens. Nach F. C. Dahlmanns Vorlesungen im Winter 1826. Wilhelm Mauke, Leipzig 1873, Seite 54. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_Dithmarschens_Kolster_1873.pdf/73&oldid=- (Version vom 17.6.2018)