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zu dem Ende die Bibel da Mattia d’Erberg. Fol. Nürnb. 1712 für 5 Thaler, und weil darinnen 6 Bogen fehlten, so verdroß ihn die Mühe nicht, sich solche sauber und richtig abzuschreiben, nachdem ihm von dem Rector M. Schüttgen ein vollständiges Exemplar von Dresden zugeschickt worden.

Endlich in seinem 50. Lebensjahre und ff. lernte er das Englische, Spanische, Dänische, Polnische, Russische, Arabische, Türkische, Syrische, Holländische etc., in welchen Sprachen er zum Theil Bibeln oder doch wenigstens andere kleine Bücher besaß und darinnen unermüdet zu studiren fortfuhr, so daß er auf 38 Sprachen mehrentheils verstand, auf 10 aber fertig reden und schreiben konnte.

Um das Gelernte nicht zu vergessen, sondern darinnen immer fester zu werden, las er, wenn er mit den Seinigen aufgestanden war, erstlich ein Kapitel aus der Bibel im Grundtexte, hernach aber dasselbe in der wendischen, deutschen, griechischen, lateinischen, französischen, italienischen, englischen, böhmischen, polnischen und holländischen Uebersetzung, woraus zu schließen, daß die Triebfeder zur Erlernung so vieler Sprachen bei ihm die Liebe zu Gottes Worte gewesen ist. Uebrigens läßt sich hieraus vermuthen, daß sich seine Sprachen nicht so wohl auf das Ganze der gelernten Sprachen, als vielmehr auf die Bibelsprache erstrecket, da er außer der Bibel wohl wenig Schriften in denselben Sprachen mag besessen haben, auch ihm seine wirthschaftlichen Beschäftigungen kaum werden erlaubt haben, sich viel mit dem Lesen vieler anderer Bücher abzugeben, da er seinen Unterhalt bis an sein Ende, welches am 9. Febr. 1767 erfolgte, mit Feld- und Handarbeit erwerben mußte.

Er hatte die Gewohnheit, das Vaterunser und andere biblische Sprüche in verschiedenen Sprachen abzuschreiben, und solche Abschriften an seine Gönner und durchreisende Fremde zu vertheilen und dafür ein Geschenk anzunehmen. Sonst war er ein frommer, stiller und christlicher Mann.

Auch seine Tochter, Anna Maria, geb. in Göda den 19. Juli 1730, hatte von ihrem Vater verschiedene Sprachen gelernt, unter denen ihr die französische und italienische am geläufigsten waren. Sie starb als Gattin des Musikanten Andreas Petzschke in Göda den 4. Septbr. 1794. (S. Otto’s Schriftstellerlex. S. 427.)

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Peter Lieschke: Zur Geschichte des Ortes und der Parochie Göda bei Bautzen. J. E. Schmaler, Bautzen 1876, Seite 49. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_Ort_und_Parochie_G%C3%B6da.pdf/49&oldid=- (Version vom 1.8.2018)