Seite:Geschichte des Dt Buchhandels 1 02.djvu/079

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Schriften zu drucken, und den Buchführern eingeschärft, sie ja nicht zu verkaufen, dann erging das gleiche Verbot gegen die Verbreitung der Büchlein Karlstadts, Ökolampadius’, Zwingli’s und ihrer Anhänger; allein die strengen Drohungen schürten nur das Feuer. Von allen Seiten, aus Böhmen, Thüringen, Franken und Schwaben, kamen Sektierer und Wiedertäufer nach Nürnberg und ließen hier ihre Flugschriften drucken, denn sie fanden hier stets willige Drucker und Buchführer, die selbst unter persönlicher Gefahr die mißliebigen Blätter oder Werkchen herstellten und feilboten. Es half auch nichts, daß der eine Missethäter ausgewiesen, der andere in den Bock gespannt, oder der dritte in den Turm gesperrt und der vierte enthauptet wurde, wie dies im Jahre 1527 Johann Herrgott auf einem seiner geschäftlichen Streifzüge in Leipzig widerfuhr.[1] Die geheimen Druckereien gewannen im Gegenteil täglich mehr an Einfluß. Schriften, wie die Dichtungen von Hans Sachs, steigerten natürlich die Bewegung, denn sie drangen in alle Klassen der Bevölkerung und ließen sich trotz der anfänglichen Verfolgung bald auf die Dauer gar nicht mehr unterdrücken.

Nürnberg blieb zwar in der Folge auch eine bedeutende Druck- und Verlagsstadt, und namentlich entwickelten sich hier die dem Druck verwandten Gewerbe, die Kupferstecherei und Illuminierung zu einer hervorragenden, wenn auch vielfach fabrikmäßigen Ausdehnung; allein so schöne Leistungen es auch noch oft aufzuweisen hatte, die stolze Stellung, welche es bis in das Reformationszeitalter eingenommen hatte, hat es später nie wieder erreicht. –

In der bisher verfolgten chronologischen Reihe der Druckstädte ist wegen des intimen Zusammenhangs der drei schwäbischen Reichsstädte die dazwischenfallende Thätigkeit der Presse zu Marienthal in Rheingau ausgelassen worden. Im ersten Kapitel sind bereits die Wirksamkeit und die Verdienste der „Brüder des gemeinsamen Lebens“ und ihr Einfluß auf Jugenderziehung und Volksbildung erwähnt worden. Besonders in neuerer Zeit hat man auch die Buchdruckerthätigkeit dieser Brüderschaft an den verschiedenen Stätten ihrer Niederlassung vielleicht über Verdienst hervorgehoben. Madden hat unter andern den Brüdern im Kloster Weidenbach zu Köln eine Untersuchung gewidmet, durch welche er ihnen eine bis dahin nicht bekannte typographische Wirksamkeit im größten Stil anerschuf; nach ihm sollten fast alle bedeutendsten Buchdrucker


Fußnoten

  1. Kirchhoff, A., Johann Herrgott, Buchführer von Nürnberg, und sein tragisches Ende, im Archiv f. Gesch. d. Deutschen Buchhandels. I, 15–56.


Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Kapp: Geschichte des Deutschen Buchhandels Band 1. Verlag des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, Leipzig 1886, Seite 143. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Dt_Buchhandels_1_02.djvu/079&oldid=- (Version vom 1.8.2018)