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sich die Hölle heiss machen zu lassen, liebte Karl Theodor nicht. Er liebte das Leben zu geniessen, und wer bestimmenden Einfluss über ihn gewinnen wollte, musste den sinnlichen Neigungen Rechnung tragen. Der jesuitische Beichtvater Frank steht in dem Rufe, dass er es verstanden, durch fromme und kluge Beredsamkeit etwaige Gewissensskrupel seines Herrn zu besänftigen und nicht minder ihm sich dadurch teuer zu machen, dass er die zärtliche Fürsorge des Fürsten für seine natürlichen Kinder – eheliche hatte er nicht – hegte und stützte. War aber P. Frank schon den Pfälzern ein Anstoss, so sollte er den Bayern ein Gegenstand des Schreckens und des Abscheues werden.

Doch nicht sogleich nach seiner Ankunft in München enthüllte Karl Theodor die schlimmen Seiten seines Regiments. Zwar musste es die patriotischen Kreise schmerzlich berühren, dass der neue Landesherr so sehr bereit war, mit einem grossen Teile des ihm zugefallenen Staates die Vergrösserungssucht des östlichen Nachbars zu befriedigen,[1] und wer auf gute Sitte hielt, konnte nur mit Bedauern die strengere und verständige Richtung, die Max Josef so würdig vertreten hatte, vermissen. Aber in manchen Beziehungen zeigte die neue Regierung offenbar Sinn für das Gute. So gab sich aufrichtige Sorge für die Volkswohlfahrt in verschiedenen wirtschaftlichen Massregeln kund. Auch für künstlerische und wissenschaftliche Bildung legte Karl Theodor insofern Interesse an den Tag, als er die Kunstschätze Münchens und die kurfürstliche Bibliothek vermehrte.

Sogar das Volksschulwesen schien unter dem neuen Regiment kräftig gedeihen zu sollen. In einer der Oberlandesregierung gegebenen Instruktion wird die gute Erziehung der Jugend und die Einrichtung tüchtiger, mit geschickten Lehrern versehenen Schulen als ein Gegenstand bezeichnet, der dem Landesvater vorzüglich am Herzen liege, wie denn auch die Glückseligkeit des ganzen Staates darauf grösstenteils ruhe.

Diese gesunde Auffassung kommt auch später noch wiederholt zum Ausdruck, „da Seine kurfürstliche Durchlaucht“, heisst es in dem Reskript vom 15. Dezember 1779, „mittlerweile nicht nur von dem elenden Zustande, worin das Schulwesen sich


  1. Karl Theodor trat drei Tage nach seinem Regierungsantritt am 3. Januar 1778 den grössten Teil Altbayerns an Österreich ab. 14 Tage danach wurde ganz Niederbayern, ein Teil der Oberpfalz, von österreichischen Truppen besetzt
Empfohlene Zitierweise:
Leopold Engel: Geschichte des Illuminaten-Ordens. Berlin: Hugo Bermühler Verlag, 1906, Seite 9. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Illuminaten-Ordens_(Engel)_009.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)