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Benedict Stattler[1], nicht zu verwechseln mit Daniel Stadler, dem einstigen Instruktor und Beichtvater des damaligen Kron- und Kurprinzen Max Joseph, ist geboren am 30. Januar 1728 zu Kötzing im bayrischen Walde, gestorben am 21. August 1797 zu München. Derselbe trat am 17. September 1745 in den Jesuitenorden, wurde 1759 zum Priester geweiht und legte am 2. Februar 1763 die feierlichen Ordensgelübde ab, wurde 1773 erster Professor der Dogmatik an der Universität zu Ingolstadt. Er behielt diese Professur bis 1781.

Stattler war ohne Zweifel einer der hervorragendsten Professoren, jedenfalls der bedeutendste der Theologen, die damals in Ingolstadt lehrten. Er war sich aber seiner Überlegenheit über die meisten seiner Kollegen wohl bewusst, dabei rechthaberisch, herrisch und geriet darum in viele Streitigkeiten auch mit anderen Mitgliedern der theologischen Fakultät, in der er nach 1773 der einzige Exjesuit war, während die übrigen aus anderen Orden oder Weltgeistliche waren.

Im Jahre 1775 ernannte ihn der Bischof von Eichstädt als Kanzler der Universität auch zum Prokanzler. Der Kurfürst bestritt anfangs zwar dem Bischof das Recht, einseitig den Prokanzler zu ernennen, erkannte aber schliesslich die Ernennung an. — —

Stattler hat zahlreiche wissenschaftliche, namentlich theologische Werke veröffentlicht, die ihm in Wien und München Preise eingetragen haben und aus denen hervorgeht, dass seine Ansichten sich weit von denen der herkömmlichen jesuitischen und kurialistischen entfernten: so z. B. lehrte er, dass die Fürsten bezüglich ihrer rein politischen Gewalt vom Papste nicht abhängig seien, die Immunität der Geistlichen nicht auf göttlichem Recht, sondern auf einer Konzession der Fürsten beruhe; der Fürst Bedingungen für die Gültigkeit der Eheabschliessungen und trennenden Ehehindernisse aufstellen könne und die Kirche eine nach staatlichem Recht ungültige Ehe nicht gültig erklären kann.

Vergleichen wir mit diesen historisch unangreifbaren Tatsachen einige der bereits bekannt gegebenen Briefe (S. 41 und 42), so wird die Sachlage bald klar. — Stattler ist dem

  1. Nachfolgende Angaben finden sich »Allgemeine Deutsche Biographie, auf Veranlassung S. M. des Königs von Bayern durch die historische Kommission der kgl. Akademie der Wissenschaften«, Leipzig, 1893, Bd. 35, Artikel Stattler.
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Leopold Engel: Geschichte des Illuminaten-Ordens. Berlin: Hugo Bermühler Verlag, 1906, Seite 50. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Illuminaten-Ordens_(Engel)_050.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)