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Beifall liest, welcher dadurch genötigt wird, mehr als jeder anderer, über die Lehre von den menschlichen Neigungen, von den Triebfedern unserer Handlungen, von der Glückseligkeit, von dem Werte der Güter, von der Tugend, von den Hindernissen und Beförderungsmitteln derselben, — zu der Zeit, wo er über diese Gegenstände am meisten denken muss, wo er die besten, dazu dienliche Schriftsteller unaufhörlich liest, wo diese Gedanken, durch die Wiederholung, seiner Seele zum Bedürfnis werden; — ist es möglich oder wahrscheinlich, frage ich, dass eben dieser Lehrer, in eben dieser Zeit, den Grund zu einer Anstalt legt, welche, nach der Beschreibung meiner Gegner, an Schändlichkeit keine ihres Gleichen hat? — O Menschenkenntnis, was soll aus dir werden, wenn dem so ist? Was muss geschehen, um tugendhaft zu werden, wenn ein solcher Weg zu einem so hohen Grade von Laster und Gottlosigkeit führt?


Nachdem wir nun Weishaupt selbst gehört haben, können wir in unseren Untersuchungen fortfahren.

Wir haben keine Ursache an der Wahrhaftigkeit der Weishauptschen Aussagen zu zweifeln. Es spricht erstlich aus seinen Worten ein offenherziger Ton; zweitens würde es ihm von gar keinem Nutzen sein, wenn er in diesen Angelegenheiten, die ihn allein angehen und seine persönlichen Empfindungen klarstellen, nicht die Wahrheit sagen würde, denn die Tatsachen würden dadurch nicht geändert werden; drittens haben wir bereits dargestellt und bewiesen, dass Weishaupt wirklich ein vielfach angefeindeter Mann war, und dass er das bis zu dem Ende seiner Lehrtätigkeit in Ingolstadt geblieben ist, werden wir noch beweisen, sodass die Wünsche nach einem kräftigen Rückenschutz sehr einleuchtende sind. Dass die Ordensgründung durch die Abneigung Weishaupts gegen die alchemistischen Lehren der Rosenkreuzer beschleunigt wurde, ist auch nicht zu bezweifeln, denn in dieser Abneigung ist er sich getreu geblieben und suchte alle Elemente, die diesen Lehren zuneigten, später zu entfernen.

Es frägt sich demnach nur, ob die Absichten Weishaupts dieselben blieben, ob er Mittel und Wege ergriff, seinen Leuten, die doch berufen waren die Ordensobern abzugeben, seine Absichten einzuimpfen und nach seinen Wünschen zu erziehen. Hatte Weishaupt neben seinen persönlichen Absichten

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Leopold Engel: Geschichte des Illuminaten-Ordens. Berlin: Hugo Bermühler Verlag, 1906, Seite 69. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Illuminaten-Ordens_(Engel)_069.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)