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nichts so leicht die stärkste und innigste Freundschaft trennet, als ein zu grosses Gemeinmachen oder Familiarität.

11. Die Obern sind unsere Führer, die leiten uns aus der Finsterniss und Irrthum zum Licht. Sie führen uns ab von ungangbaren Wegen. Da wird Biegsamkeit, Folgeleistung zur Pflicht und selbst zur Dankbarkeit. Keiner wird sich also weigern, diesem zu folgen, der für sein Bestes arbeitet.

12. Der Orden fordert also freywillig ein Opfer der Freyheit von den Mitgliedern, zwar nicht unbedingt, aber allezeit, wenn es ein Mittel zum grossen Zweck ist. Befehle der Obern haben allezeit die Vermuthung für sich, dass sie zum Zweck führen; dann Obere sehen weiter, sehen tiefer in das System hinein; und eben darum sind sie Obere, und dieser Ursache wegen ist man Folgeleistung schuldig.

13. Die Obere kennen die Menschen, sie wissen, wen sie vor sich haben; also werden sie nie ihr Ansehen missbrauchent noch vergessen, dass sie gute Väter seyn sollen. Dennoch hat der Orden folgende Massregeln genommen, um seine Mitglieder gegen alle Unterdrücker, Stolze, Herrschsüchtige und dergleichen zu schützen. Mit Ende eines jeden Monats gibt jeder Untergebene an seinen Obern oder Recipienten ein verschlossnes Blatt, oder mehrere nach Umständen, unter der Aufschrift: Quibus licet, oder Soli, oder Primo. In diesem Blatt zeiget er an; Erstlich: wie ihm sein Recipient begegne, und mit ihm verfahre? z. B. gut und fleissig, bös, hart und nachlässig? Zweytens: was für Beschwerden er gegen den Orden habe? Drittens: was für Befehle ihm der Obere in diesem Monath kund gemacht habe? Viertens: ob er in diesem Monath etwas Geld erleget habe?

14. Jeder muss alle Monate einen solchen Zettel eingeben, er habe etwas zu melden oder nicht; damit diess mit geringer Mühe geschehe, so leget sich ein jeder gleich am Anfang des Monaths ein Blatt zurechte, zeichnet darauf alles auf, was vorfällt, und übergibt es im Quibus licet. In dem Quibus licet-Zettel wird der Ordensname innen und aussen hergesetzt.

15. Diese Verordnung des einzuschickenden Blatts dauert durch alle Grade hindurch, und ist niemand davon ausgenommen. Wenn es unterbleibt, verfällt dieser in eine angemessene Geldstrafe so wie auch der Obere, der es zu gehöriger Zeit einzusammeln oder einzusenden unterlässt. Den letzten Tag müssen diese eingegeben seyn.

Empfohlene Zitierweise:
Leopold Engel: Geschichte des Illuminaten-Ordens. Berlin: Hugo Bermühler Verlag, 1906, Seite 86. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Illuminaten-Ordens_(Engel)_099.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)