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Paradieses, war für sie verloren, denn sie waren gefallen, der Sünde und Knechtschaft unterworfen, sie mussten ihr Brod in der Unterwürfigkeit, im Schweisse ihres Angesichts verdienen. Andere bemächtigten sich ihrer, versprachen ihnen Schutz und wurden ihre Anführer: oder die Klügern, um sie zu ihren Absichten zu leiten und ihren Vorschriften grosses Ansehen zu geben, gaben sich für übernatürliche Wesen und Abgesandte Gottes aus: und auf diese Art wurde die Theocratie unter ihnen eingeführt.

Doch war noch keines dieser Völker zu gross, sie waren in Horden verteilt, deren jede ihren Anführer hatte. Diese Anführer, eben so ungleich an Kräften, als die einzelnen natürlichen Menschen, mussten nach und nach ebenfalls der Überlegenheit des Klugen und Tapfersten unter ihnen weichen, und so wurden viele kleine Stämme in ein grosses Volk vereinigt. Es entstanden Nationen und Vorsteher, Könige der Nationen.

Mit dem Ursprung der Nationen und Völker hörte die Welt auf, eine grosse Familie, ein einziges Reich zu sein, das grosse Band der Natur wurde zerrissen.

Man vereinigte Menschen, um sie von einander zu trennen; man zog zwischen Menschen und Menschen eine Linie, diese hörten auf, sich unter einem gemeinschaftlichen Namen zu kennen. Der Mensch fing an, dem Landesmanne nachzustehen, und der Nationalismus trat an die Stelle der Menschenliebe. Nun wurde es zur Tugend, auf Unkosten derer, die nicht in unsere Grenzen eingeschlossen waren, sein Vaterland zu vergrössern. Nun wenn es ein Mittel war zu diesem engern Zweck, so war es erlaubt, Freunde zu verachten, zu hinterlisten oder wohl gar zu beleidigen. Diese Tugend hiess Patriotismus, und der Mann, der gegen alle übrigen ungerecht war, um gegen die Seinigen gerecht zu sein, der seine Vernunft so weit heruntergeführt hatte, dass er gegen fremde Vorzüge blind war, und die Mängel seines Vaterlandes gar nicht, oder wohl gar als Vollkommenheit betrachtete, dieser Mann erhielt den Namen des Patrioten. Die Liebe gegen Menschen war im genauesten Verhältnisse mit der Grösse seines Vaterlandes.

War es einmal erlaubt oder wohl gar tugendhaft, Menschen die nicht mit mir einerlei Land bewohnten, geringer zu halten oder wohl gar zu beleidigen, warum sollte es nicht auch erlaubt sein, diese Liebe noch enger auf die Bewohner meiner Stadt oder wohl gar auf die Mitglieder meiner Familie, oder auf mich

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Leopold Engel: Geschichte des Illuminaten-Ordens. Berlin: Hugo Bermühler Verlag, 1906, Seite 153. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Illuminaten-Ordens_(Engel)_153.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)