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jeder nach seinem Vermögen, als durch Auszeichnung des sittlichen Lebens. Ferne sey es als wollt ich behaupten dadurch nur könne so eine Gesellschaft bestehen; vielmehr bin ich der Meinung, dass jede geheime Verbindung, ihre Anlage sey immer vortrefflich, zuletzt doch ausarten werde; daher ist wohl keine zu dulden. Und dann hätt auch noch hierin alle Vorsicht in der Auswahl vorangehen sollen, denn nicht auf die Menge sondern auf die Güte kam es an.

Es hätte sich deshalb die Gesellschaft nicht zur Proselitenmacherei herabwürdigen sollen, man hätte sie selbst suchen sollen. Allein dies Alles setzt Zucht und Ordnung voraus und die klügste Auswahl der vordersten Glieder.

Freilich enthält dies alles das System ganz vortrefflich; nach der Anlage aber erzielt sich nichts, denn jeder that nach seinem Belieben, jeder warb, jeder fand in seinem Zögling den besten, es wurden Grade auf Grade gegeben, und da, wie ein jeder einsehen konnte, es gäbe der Grade noch mehr, so war jeder an seinem Grade gesättigt und verlangte höher und höher, ja es ging so weit, dass jeder dem anderen ohne Erlaubniss und Macht, selbst Grade ertheilte, oder doch einsehen liess, oder nach selbst eigener Willkür und Einsicht erklärte. Der Unbesonnene theilte Unbesonnenen mit, und hieraus entdeckt sich der Wirrwar, das Widersprechende in Allem, der Unsinn des Ganzen, die Anschuldigungen von Irreligion, von Umsturz des Staats, von Verrätherey, von Verdrehung des Rechtes und der Tugend.

Das System enthält davon nichts, alle Nachforschung hierüber ist eitel, in der Unbesonnenheit liegt es, mit der sich so manche Glieder betrugen, in dem Unverstand derselben, in der Absicht sich höher zu schwingen, dadurch in der Einbildung sich durch gewagte Grundsätze in die Klasse höherer Geister zu setzen, sich Ansehen zu geben, Partheien zu bilden, um Leute von ihrer Verbindung zu erheben, sie mochten nun Inländer oder Ausländer sein. Hierin liegt es, denn, läg es in dem System, so müsste sich dieses vorzüglich aus dem letzten Grade erweisen, die den Illuminaten in München noch unbekannt sind.

Mein innigster Wunsch wäre, davon Besitzer zu seyn, und ich könnte sie dem Fürsten erteilen, erstaunen würde er sich über die Neuheit der Ideen, die noch niemand gedacht, noch niemand gesagt hat, ohne das geringste was anstösst, zu finden.

Unbesonnenheit also, mit Stolz und Übermut verbunden,

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Leopold Engel: Geschichte des Illuminaten-Ordens. Berlin: Hugo Bermühler Verlag, 1906, Seite 202. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Illuminaten-Ordens_(Engel)_202.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)