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verdienten; sie soften sie nur mit Bedacht genau durchlesen, dann urteilen, wenn sie es könten und wolten.

Dann schämte sich mein Examinator nicht, mir die Frage zu stelen, warum ich alle Briefe meiner Freunde, worin von O. Sachen die Rede wäre, nicht eingesendet hätte? — weil, sagte ich ihm mit einem Blikke, der meine ganze Verachtung beweisen musste, weil S. K. Durchl. unmöglich fordern können, dass ich an meinen Freunden zum Verräter, und gegen alle Pflichten der Ehre und Rechtschaffenheit handlen solte.

Endlich zu allerlezt kam das grosse Corpus Delicti zum Vorschein, und mein Examinator diktierte die schon oben angeführte Stelle meines Briefes an Leiden, und fragte mich, ob ich diese Stelle geschrieben hätte. Nun wusste ich, woran ich seie, denn bis diesen Augenblik war ich immer der Meinung, mein mit Freiheit und Wärme ausgestellter Revers hätte meine Zitation und das Verhör veranlasst. Ich antwortete, ich hätte nicht allein die Stelle sondern auch den ganzen Brief geschrieben und wäre eben auch nicht sehr verlegen darüber. In dem wahren innigen Bewusstsein, dass der Zwek der Illuminatengeselschaft gut, notwendig, auf die Wahrheits-Bedürfnisse der Menschen und des Zeitalters gerichtet seien, dass sie ihre Mitglieder nur zur Tugend und wahren, notwendigen Aufklärung aufmuntere, hätte ich natürlich geschlossen, dass das Resultat der vom Landesherrn beorderten Untersuchung mit derselben Beendigung zeigen werde, dass die den Illuminaten angedichteten Verbrechen von boshaften dabei interessirten Menschen erdichtet, die eben dadurch dem Landesherrn den grössten Nachteil für seinen Ruhm im Auslande zugezogen, und sobald die Sache genauer zu untersuchen sich die Mühe geben wollte, diese Verläumder und böse Ratgeber gewiss mit Verachtung ansehen, und als solche behandlen werde. Dass ich ausserdem noch diesen Verläumdern und Anschwärzern Gewissensbisse zutraue, und dass der innere Ruf ihres Gewissens uns noch gewiss einmal an ihnen rächen werde. Dies alles hätte mich also leicht veranlassen können, zu sagen, dass das Vergangene noch einst den Feinden der Tugend und Wahrheit noch Wehen bereite.

Während ich dies alles dictirte, geriet mein Examinator in Hizze, und sagte: dies alles, was ich ihm da erzählt hätte, schlüge in Majestätsverbrechen ein, indessen gieng es ihm garnichts an, indem er keine Judikatur hätte. —

Empfohlene Zitierweise:
Leopold Engel: Geschichte des Illuminaten-Ordens. Berlin: Hugo Bermühler Verlag, 1906, Seite 312. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Illuminaten-Ordens_(Engel)_312.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)