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Die nächste Frage war: die Vorfälle, über welche sich Baron Leiden hätte verwundern sollen, wären alle auf höchsten Befel geschehen — ich hätte also diese Vorkerungen kritisirt? — Ich antwortete, dass dies mir nie in den Sinn gekommen wäre, wol hätte sich aber Baron Leiden und ich über die erfolgten Auftritte verwundern könen, da sie neu und wirklich unerwartet gewesen wären.

Nun kam eine verfängliche Frage: ob der Landesherr schuldig seie, eine sich eigenmächtig aufgeworfene Geselschaft, wenn sie auch den besten Zwek hätte, zu dulden? — Ich antwortete: der Landesherr könne alles, was ihm nur gefällig wäre; indessen hofte ich, dass man mir nie beweisen würde, dieses Recht je bestritten zu haben.

Dies ist die Hauptsache meines langen Verhörs. Im ganzen bin ich mir, was mein Betragen betrift, bewusst, dass ich meine Rolle ehrlich gespielt habe. Ich weiss wol, dass ich auf die mir vorgelegte Fragen oft richtiger und freier hätte antworten können, teils fanden sich aber bei der ruhigsten Fassung doch nicht gleich die richtigst und vollständigsten Ideen ein, die sich erst nachher in meiner Sele vermerten, teils hielte mich der Gedanke auch öfters zurük, dass ich durch einen höhern Grad von Wärme und Freiheit andern rechtschaffenen Freunden hätte schaden können; dies alles mit der Maxime vereinbart, dass der Weise nicht sagen müsse, was er besser verschweigen könte, legten mir den Finger auf den Mund, und gaben meiner Sprache eine gelindere klügere Modulation. Endlich hab ich mir ein Ideal eines Untertans gebildet, welcher in seinem Unschuld und Vorwurfs freien Gewissen gehüllt, ohne zu kriechen, und auch ohne den schuldigen Respekt gegen seine, wenn auch ungerechte, Richter, zu verlezzen, sich vor solchen ruhig und sich immer gleich rechtfertigt. Diesem Ideale habe ich zu folgen gesucht, und werde es noch, bis meine Untertansrolle ausgespielt sein wird, von welchem Zeitpunkte ich nachher reden werde.

Acht Tage nach meinem letzten Verhör wurde ich ins Kriegsratskollegium citirt; ich erschien und erwartete nichts weniger, als Kassation, welche auch ganz gewiss erfolgt wäre, hätten sich einige vom Adel in der Stadt über meinen Prozess zu ärgern, nicht angefangen. Hausler las mir meinen Sentenz vor, welcher so lautet:

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Leopold Engel: Geschichte des Illuminaten-Ordens. Berlin: Hugo Bermühler Verlag, 1906, Seite 313. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Illuminaten-Ordens_(Engel)_313.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)