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Ich schlage dich zum Ritter des heiligen Andreas nach ächtem Brauche unserer Schottischen Vorfahren, durch die Kraft des alten Meisterworts. Sey ein Kämpfer für Weisheit und Tugend, durch deine Klugheit den Königen gleich, ein Freund des Fürsten und des Bettlers, wenn sie tugendhaft sind. — —

Ich schlage dich zum schottischen Ritter im Namen unserer Erlauchten Obern, welche die Obern der ächten Freymaurerey sind. Sey dem Orden treu, streite gegen die Verderbnisse, welche Dummheit und Bosheit erzeugen, und forsche der Wahrheit nach. —

Ich schlage dich zum Ritter, im Namen dieses geheiligten Capitels und aller Schotten der Erkänntnis und der Gewalt. Stehe auf, und beuge nie wieder deine Knie, vor dem, der ein Mensch ist, wie du. —


Zweierlei geht aus Schwur und Ritterschlag klar hervor. Erstens, dass es die Absicht war, das Pflichtgefühl für Vaterland und Familie in dem Aufgenommenen zu wecken und diese Absicht kann nur allgemeine Billigung hervorrufen, zweitens, dass man ihm eine möglichst hohe Meinung von den Obern beizubringen suchte.

Hier stehen wir nun auf dem gefährlichen Punkte, der in der Geschichte aller derartigen Vereine seine dunklen Schatten geworfen hat und in der Freimaurerei sehr böse Folgen durch abenteuernde Schwindler hervorrief. Enttäuschung, Zwiespalt, Feindschaft und Hass entstehen durch eine Art Vergötterung der Obern gar zu leicht. Von vornherein ist der Neuling nur zu sehr geneigt, seine Obern als höchst vollkommene Menschen anzusehen, sie in allen Beziehungen über sich zu stellen und wie es Weishaupt selbst (s. Seite 59 und 60) beschreibt, ist er durch diese hohen Erwartungen bereit, alles zu tun, was sie verlangen würden. Diese hohen und höchsten Erwartungen können jedoch niemals voll befriedigt werden, sobald der erste Rausch vorüber ist und die Obern, die doch auch nur mit menschlichen Schwächen behaftete Menschen bleiben, in nähere Berührung mit den Neulingen treten. —

Es wurden, aus klar ersichtlichen Gründen, daher die unbekannt bleibenden Oberen erfunden, zu denen zu dringen möglichst unmöglich gemacht wurde. Baron Hund z. B. dürfte niemals seinen wirklichen Oberen kennen gelernt haben, und

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Leopold Engel: Geschichte des Illuminaten-Ordens. Berlin: Hugo Bermühler Verlag, 1906, Seite 365. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Illuminaten-Ordens_(Engel)_365.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)