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machten. Um als Religionsspötter qualifiziert und bestraft zu werden, genügte es, an einem Fasttage Fleisch zu essen, und über Wallfahrten oder ähnliche Dinge unvorsichtig sich zu äussern. Politisch verdächtig aber war schon jeder, welcher von der französischen Revolution ohne Wegwerfung sprach. Neben jahrelanger Gefangenschaft oder Landesverweisung konnten Männer niederen Standes — denn in allen Kreisen suchte und fand die Inquisition ihre Opfer — auch zu Peitschenhieben verurteilt werden. So widerfuhr es einem Bauern aus der Umgegend von Dachau, welcher von dem Pfarrer gotteslästerlicher Reden angeklagt und ausserdem beschuldigt wurde, den Landrichter, freilich ein Verwandter Lipperts, beleidigt zu haben. Wegen des letzteren Vergehens ward er zu kniefälliger Abbitte und wegen des Hauptverbrechens zu 25 leibesconstitutionsmässigen Karbatschstreichen, andern zum warnenden Beispiel, verurteilt, worauf er noch auf eigene Kosten ein Jahr ins Arbeitshaus gesteckt wurde. Als die Gattin wiederholt um Erlassung der Gefängnisstrafe bat, ward ihr unter anderm erwidert: Da der Verurteilte sein eigenes Hauswesen wegen öfterer Abwesenheit doch ganz vernachlässigt habe, sei seine Gegenwart wohl entbehrlich. Es war derselbe Gerechtigkeitssinn, welcher Jünglinge, die es mit dem Pfarrer oder auch nur mit dem Messner verdorben hatten und einem so würdigen Gehülfen Lipperts, wie z. B. den in der Nähe von Oetting und Borghausen tätigen Spezialkommissär von Mussinau war, in die Hände fielen, zur Busse und Besserung für 6 Jahre zum Soldatendienst verurteilte.

Noch ärgeres mag geschehen sein. So behauptet Zschokke, der über Karl Theodors Regierung aus mündlichen und schriftlichen Berichten von Zeitgenossen gut[1] unterrichtet war: dass ein am Hofe zur Verfolgung geistlicher und bürgerlicher Freigeisterei bestehender Ausschuss auch Todesurteile gefällt und ohne Geräusch vollzogen habe.[2]

Da es jedoch hier an aktenmässigen Beweisen fehlt, so wage ich die Behauptung mir nicht anzueignen. Freilich bedrohte eine kurfürstliche Verordnung jeden, der einen andern für den verpönten Illuminatenorden anwarb, mit dem Tode


  1. Wir haben schon bewiesen, dass Zschokke keineswegs immer ernst genommen werden kann, er mag auch hierin übertrieben haben.
  2. Es wird behauptet, dass zu diesem Zwecke die eiserne Jungfrau wieder in Tätigkeit gekommen sei.
Empfohlene Zitierweise:
Leopold Engel: Geschichte des Illuminaten-Ordens. Berlin: Hugo Bermühler Verlag, 1906, Seite 376. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Illuminaten-Ordens_(Engel)_376.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)