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Geister auf das Gemüt der Deutschen, kurz jene ganze Periode, die wir als die des Sturmes und Dranges bezeichnen, brachte eine Angstmeierei, ein sich Stemmen gegen das Fahrenlassen des Altgewohnten von Seiten konservativ und reaktionär Gesinnter hervor. Diese zeterten über den Verfall der Sitten, über Herrschen der Freigeisterei und schoben, um dem Kinde der Zeit doch einen Namen zu geben, alle ihnen so verderblich scheinenden Zustände dem Moloch Illuminatismus zu, der ihrer Meinung nach die Welt beherrschte.

Wir werden aus dem Nachfolgenden unschwer erkennen, wie unschuldig die Schöpfung Weishaupts, die längst in Trümmern lag, an allen diesen Ereignissen war.

In Berlin sollte ein besonderer Herd des Illuminatentums bestehen, dessen Haupt der Buchhändler, Verleger und Schriftsteller Nicolai war.

Nicolai, der sich durch eine gewisse freie Lebensanschauung bekannt und namentlich durch Förderung vieler Schriftsteller und Dichter verdient gemacht hat, gehörte dem Orden an. Seine Beziehungen hat er selbst in einer Broschüre niedergelegt; sie gehen nicht weiter als die vieler anderer; durch eine besondere Propaganda für den Orden selbst hat er sich nicht hervorgetan. Auch ohne den Orden wäre sein Leben sicher in denselben Gleisen verlaufen. Die Fama machte ihn trotz alledem zu einem Haupte der preussischen Illuminaten, ebenso wie den Oberkonsistorialrat Gedike. Gedike und Biester gaben 1783—96 die Berliner Monatsschrift heraus, die sich im aufklärenden Sinne mit allen Fragen jener Zeit befasste, auch der Illuminatenverfolgungen gedachte und hin und wieder für die Verfolgten in ganz sachlicher Art eine Lanze brach. Das war natürlich ein Verbrechen, noch dazu zu einer Zeit, in der Wöllner, als Haupt der Rosenkreuzer, Preussischer Minister war und den König völlig beherrschte. Es sei hier an das Schreiben Friedr. Wilhelms an den Kurfürsten von Sachsen (s. Seite 246) erinnert.

Es ist klar, dass unter solchen Umständen Berlin gar nicht für die Ausbreitung des verpönten Ordens geeignet war, gar nicht sein konnte, wenn der Landesfürst derartige feindliche Gesinnungen hatte.

Gedike gehörte seinerzeit dem Orden nur oberflächlich an, wie Nicolai, ohne dass er nötig gehabt hätte, seine Gesinnungen, die ihn zu einem ganz hervorragenden Schulmanne und Organisator des Schulwesens befähigten, erst aus den Lehren der

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Leopold Engel: Geschichte des Illuminaten-Ordens. Berlin: Hugo Bermühler Verlag, 1906, Seite 426. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Illuminaten-Ordens_(Engel)_426.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)