Seite:Geschichte des Marktfleckens Grönenbach S106.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
– 106 –

der Stifts- und Pfarrkirche. Vier Glocken hängen auf diesem Turme; die große Glocke mit dem Tone „E“, gegossen 1523; die zweite mit Ton „A“, die dritte mit Ton „cis“ stammen nach Schrift ebenfalls aus diesem Jahre; die vierte mit Ton „dis“, jedenfalls umgegossen, stammt aus dem Jahre 1836 vom Glockengießer Hermann in Memmingen. Als die traurige Glaubensspaltung, wie oben geschildert, auch Grönenbach traf, behielten die Reformierten vom Jahre 1559 – dem Jahre der Glaubensneuerung hier – bis 1621 das Simultaneum der Kirche und auch des Geläutes bei. Während des 30jähr. Krieges hatten die Reformierten wohl nur pausenweise das Geläute. Geregelt wurde die Geläutfrage durch die Ravensburger Signatur 1659 Abs. 6, wonach beide Herrschaften, katholisch und calvinisch, miteinander doch salvo processu Camerali einen gemeinsamen Mesner zu Grönenbach katholischer Religion dem Herkommen gemäß bestellen, welcher „beeden Obrigkeiten schwören, auch beeden Teilen die Kirche mit Läuten und sonstem versehen, herentgegen die Gefäll von allen Pfarrgenossen einnehmen soll.“ Die Reformierten hatten eben nur ein neues Predigthaus – im Hofraum der Adlerwirtschaft hier nach dem 30jährigen Kriege gebaut –, aber keinen Turm und keine Glocken, und als die Reformierten 1808 die hiesige katholische Spitalkirche zum hl. Geiste erkauften, hatten sie wiederum zwar eine Kirche, aber nur einen Dachreiter mit zwei kleinen Glöcklein. Erst 1880 wurde ein neuer Turm mit drei Glocken für die Reformierten erstellt mit eigenem Pfarrgeläute. Vom Jahre 1822–1833 dauerte nun der sog. Glockenprozeß hier zwischen Katholiken und Reformierten, indem die Reformierten zwar wohl das Geläute auf dem Turme der Stifts- und Pfarrkirche mitbenutzen wollten, aber keine Läut- und Kirchenreichnisse mehr an die katholische Kirche und an den katholischen Mesner hier entrichten wollten. Die Reformierten unterlagen in diesem Prozesse und mußten einen Teil ihrer schuldigen Gebühren nachzahlen und wurde damit zum Ausdrucke gebracht: 1. daß die Glocken auf dem Turm der Stifts- und Pfarrkirche Eigentum der katholischen Pfarrgemeinde sind, 2. daß die Reformierten ein Mitbenutzungsrecht beanspruchen können, da sie noch kein eigenes Pfarrgeläute hatten, und 3. daß die Reformierten für dieses Mitbenutzungsrecht ihre bisherigen Gebühren entrichten müssen an den katholischen Mesner.

Als dann durch die Säkularisation 1803 Grönenbach mitsamt dem ehemaligen gefürsteten Abteibesitz Kempten an die Krone Bayerns kam und allgemein Religions- und Gewissensfreiheit proklamiert wurde, begann die neue Zeit, die auch eine Zeit des Friedens