Seite:Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs 015.png

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Stelle durch einen Todesfall erledigt worden. An diesem heiligen Anker des geistlichen Vorbehalts, der die ganze zeitliche Existenz eines geistlichen Fürsten von seinem Glaubensbekenntniß abhängig machte, ist noch bis heute die katholische Kirche in Deutschland befestigt – und was würde aus ihr werden, wenn dieser Anker zerrisse? Der geistliche Vorbehalt erlitt einen hartnäckigen Widerspruch von Seiten der protestantischen Stände, und obgleich sie ihn zulezt noch in das Friedensinstrument mit aufnahmen, so geschah es mit dem ausdrücklichen Beysaz, daß beyde Partheyen sich über diesen Punkt nicht verglichen hätten. Konnte er für den protestantischen Theil mehr verbindlich seyn, als jene Versicherung Ferdinands zum Vortheil der protestantischen Unterthanen in geistlichen Stiftern es für die Katholischen war? Zwey Keime der Zwietracht blieben also in dem Frieden zurück, und an diesen entzündete sich auch der Krieg.

So war es mit der Religionsfreyheit und mit den geistlichen Gütern; mit den Rechten und Würden war es nicht anders. Auf eine einzige Kirche war das Deutsche Reichssystem berechnet, weil nur Eine da war, als es entstand. Die Kirche hat sich getrennt, der Reichstag sich in zwey Religionspartheyen geschieden – und doch soll das ganze Reichssystem ausschliessend einer einzigen folgen? – Alle bisherigen Kaiser waren Söhne der Römischen Kirche gewesen, weil die Römische Kirche in Deutschland bis jezt ohne Nebenbuhlerin war. War es aber das Verhältniß mit Rom, was den Kaiser der Deutschen ausmachte, oder war es nicht vielmehr Deutschland, welches sich in seinem Kaiser repräsentirte? Zu dem ganzen Deutschland gehört aber auch der protestantische Theil – und wie repräsentirt sich nun dieser in einer ununterbrochenen Reihe katholischer Kaiser? – In dem höchsten Reichsgerichte richten die Deutschen Stände sich selbst, weil sie selbst die Richter dazu stellen; daß sie sich selbst richteten, daß eine gleiche

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. , Frankfurt und Leipzig 1792, Seite 015. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_drey%C3%9Figj%C3%A4hrigen_Kriegs_015.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)