Seite:Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs 222.png

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Artillerie, ihr ganzes Lager war erobert, über hundert Fahnen und Standarten erbeutet. Von den Sachsen wurden zweytausend, von den Schweden nicht über siebenhundert vermißt. Die Niederlage der Kaiserlichen war so groß, daß Tilly auf seiner Flucht nach Halle und Halberstadt nicht über 600 Mann, Pappenheim nicht über 1400 zusammen bringen konnte. So schnell war dieses furchtbare Heer zergangen, welches noch kürzlich ganz Italien und Deutschland in Schrecken gesezt hatte.

Tilly selbst dankte seine Rettung nur dem Ungefähr. Obgleich von vielen Wunden ermattet, wollte er sich einem Schwedischen Rittmeister, der ihn einholte, nicht gefangen geben, und schon war dieser im Begriff, ihn zu tödten, als ein Pistolenschuß ihn noch zu rechter Zeit zu Boden streckte. Aber schrecklicher als Todesgefahr und Wunden war ihm der Schmerz, seinen Ruhm zu überleben, und an einem einzigen Tage die Arbeit eines ganzen langen Lebens zu verlieren. Nichts waren jezt alle seine vergangenen Siege, da ihm der einzige entging, der jenen allen erst die Krone aufsezen sollte. Nichts blieb ihm übrig von seinen glänzenden Kriegesthaten, als die Flüche der Menschheit, von denen sie begleitet waren. Von diesem Tage an gewann Tilly seine Heiterkeit nicht wieder, und das Glück kehrte nicht mehr zu ihm zurück. Selbst seinen lezten Trost, die Rache, entzog ihm das ausdrückliche Verboth seines Herrn, kein entscheidendes Treffen mehr zu wagen. – Drey Fehler sind es vorzüglich, denen das Unglück dieses Tages beygemessen wird: daß er sein Geschüz hinter der Armee auf den Hügeln pflanzte, daß er sich nachher von diesen Hügeln entfernte, und daß er den Feind ungehindert sich in Schlachtordnung stellen ließ. Aber wie bald waren diese Fehler, ohne die kaltblütige Besonnenheit, ohne das überlegene Genie seines Gegners verbessert! – Tilly entfloh eilig von Halle nach

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. , Frankfurt und Leipzig 1792, Seite 222. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_drey%C3%9Figj%C3%A4hrigen_Kriegs_222.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)