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Auch hier war es wieder Reichwaldt von Kämpfen, der nächste Besitzer, dem überhaupt Berthelsdorf so viel zu verdanken hat, der die drückende Last der Hofedienste verminderte.

Um 1710, wo im Walde hinter dem Oberhofe ein Bergwerk und später eine Schmiede angelegt wurden, schien es, als wollte sich für Berthelsdorf eine neue Erwerbsquelle öffnen, doch da das Resultat kein günstiges war, hatte das Unternehmen nur bis um 1725 Bestand. Spuren davon finden sich noch jetzt vor. Nach Zinzendorfs Tagebuche, der 1716 in den über 70 Lachter tiefen Stollen einfuhr, scheint es, als ob nach Eisen oder Zinn gegraben worden wäre. Als Steiger werden Andreas Weigel, Michael Richter und Johann Leopold Beck genannt.

Aehnlich war es auch während der Continentalsperre Napoleons mit der Anlegung von Wollspinnmaschinen durch Carl Wilhelm Rüttinger aus Mannheim, Traugott Paul und Freitag, zweier Fabrikanten in Berthelsdorf. So lange Napoleons Herrschaft dauerte, waren die Erfolge auch günstig, Viele wurden in den schweren Kriegsjahren beschäftigt und fanden Verdienst. Doch als später die Concurrenz mit den Engländern zu schwierig wurde und nur mit Verlusten fortgeführt werden konnte, wurde der Betrieb dieser Wollspinnmaschinen nach ungefähr zehnjährigem Bestande eingestellt.

Obwohl man nun zwar auch jetzt noch nicht in Berthelsdorf von bedeutendem Wohlstande sprechen kann, so herrscht doch keine eigentliche Armuth; so einen Nothstand, wie er z. B. in dem Jahre der Theuerung von 1846 bis 1847 auf den Weberdörfern herrschte, kennt man hier nicht. Zwei bis dreihundert Einwohner finden als Tagelöhner bleibenden Verdienst in Herrnhut, auf den herrschaftlichen Höfen und Forsten und auf den zwei Dürningerschen Bleichen. Außerdem ist auch schon den Kindern durch die 1844 errichtete Rückertsche Tabaksfabrik und die 1849 eingerichtete Spinnschule Gelegenheit geboten, sich etwas zu verdienen.

Handwerksmeister sind hier (nach der gewerblichen Standestabelle von 1849) 125, Gesellen 105 und Lehrlinge 40. Nur wenige Handwerke werden hier nicht vertreten sein. Selbstwirthschaftende Gutsbesitzer und Pächter gab es 34. – Der Betrieb der Leinweberei ist unbedeutend.

Empfohlene Zitierweise:
Gottlieb Korschelt: Geschichte von Berthelsdorf. Selbstverlag des Verfassers, Berthelsdorf bei Herrnhut 1852, Seite 16. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_von_Berthelsdorf.pdf/22&oldid=- (Version vom 1.8.2018)