Seite:Gewerbeblatt aus Wuerttemberg 1869 p20.png

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Gunsten der ersteren entschieden zu sein und daß dieses auch die Ansicht der französchen Regierung ist, geht aus den beträchtlichen Opfern hervor, welche sie diesem Zwecke darbringt.

Abgesehen von allen andern Verbesserungen, sind in der Seine zwischen Paris und Montereau auf eine Länge von etwa 25 Stunden bis jetzt 12 bewegliche Schifffahrtswehre erbaut worden.

In diesen Wehren und der versenkten Kette liegt aber die Zukunft der Flußschifffahrt, weil durch sie die beiden Hauptübelstände, an welchen diese seither litt, beseitigt werden, nämlich: Unterbrechung bei niedrigem Wasserstande und unverhältnißmäßiger Zeitaufwand bei der Bergfahrt.

Die obere Seine fiel früher bei Niederwasser auf 0,6 Meter, während nun durch die neuen Wehre eine geringste Fahrwassertiefe von 1,2 Meter erhalten wird; daß aber durch die Kettenschifffahrt die Zeit für die Bergfahrt beinahe auf die Hälfte verkürzt wird, wurde oben gezeigt.

Es wäre aber eine Täuschung, wenn man glauben wollte, diese Verbesserungen ließen sich ohne Weiteres überall einführen; die versenkte Kette erfordert ein regelmäßiges Flußbett ohne scharfe Biegungen, um in ihrer Lage im Fahrweg erhalten werden zu können, während das Einsetzen einer größeren Anzahl von Wehren in einem Flusse, dessen Wasserkräfte von der Industrie schon ausgebeutet werden, auf unüberwindliche Hindernisse stoßen würde, wozu überdieß noch kommt, daß die Wehre bei starken Gefällen eine unmäßige Höhe erhalten oder sehr nahe auf einander gerückt werden müßten, um durchgängig eine entsprechende Wassertiefe herzustellen.

Es geht daraus hervor, daß sich der obere Neckar zur Einführung dieser Verbesserungen wenig eignet und man sich auf dieser Strecke in der Hauptsache darauf wird beschränken müssen, den Fahrweg für die Schiffe und Flöße in seiner jetzigen Beschaffenheit möglichst gut zu erhalten; die Kosten hiefür sind aber im Vergleich zum Nutzen, den die Erhaltung einer schiffbaren Wasserstraße immer noch bringt und unter Umständen in erhöhtem Maße bringen kann, so gering,[1] daß von einer Schmälerung oder gänzlichen Entziehung der Mittel dazu keine Rede sein sollte. Irrig ist aber die Ansicht, daß mit Aufhören der Schifffahrt der Industrie werthvolle Wasserkräfte zufallen würden; dieser Fall würde erst mit Aufhören der Langholzflößerei eintreten, wozu bis jetzt noch wenig Aussicht vorhanden ist.

Anders sind aber die Verhältnisse am untern Neckar; von Heilbronn


  1. Der jährliche Aufwand für die Unterhaltung der Neckarwasserstraße von Canstatt bis Heilbronn beträgt ca. 10,000 fl., wovon ein großer Theil auch für die Flößerei allein gemacht werden müßte.
Empfohlene Zitierweise:
Wasserbau-Inspektor v. Martens: Über Wasserstraßen und ihr Verhältnis zu den Eisenbahnen. Gewerbeblatt aus Württemberg, Stuttgart 1869, Seite 20. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gewerbeblatt_aus_Wuerttemberg_1869_p20.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)