Seite:Glueckel 030.jpg

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denn Gott hatte ihm eine glückliche Hand gegeben. Wenn er, mit Verlaub, Mist in seine Hand genommen hat, kann man fast sagen, daß Gold daraus geworden ist.

Aber die Schicksalswendung ist gar zu geschwind gekommen. Diesmal ist es Gezänk gewesen wegen dem Vorsteheramt in der Gemeinde.

Mein Vater – das Andenken des Gerechten sei gesegnet – ist viele Jahre Vorsteher gewesen und der Elia Cohen – er ruhe in Frieden – hat sich dünken lassen, daß er ein junger Mann ist und sein Reichtum hat von Tag zu Tag zugenommen, er war ein kluger Mann und von guten Eltern. Sein Vater war Reb David Hanau gewesen, darum hat er vielmals verlauten lassen: Warum soll ich nicht ebensogut Vorsteher sein als mein Schwager Loeb? Bin ich nicht so klug als mein Schwager Loeb? Bin ich nicht so reich als er ist? Bin ich nicht von ebenso guter Herkunft als er ist?

Aber Gott – er sei gelobt – der Zeit und Ziel vorsetzt und ordiniert, hat ihn damals hinweggenommen.

Damals ist auch die Gemeinde in Streit gekommen, und wie üblich in der Welt, daß der eine zu dieser, der andere zu jener Partei gehalten hat. Es ist damals leider gar übel in unserer Gemeinde ergangen. Zuerst ist gestorben Feibelmann – er ruhe in Frieden – er ist Vorsteher gewesen. Darnach ist gestorben Chajim Fürst – er ruhe in Frieden – er ist der reichste Mann in der Gemeinde gewesen. Auch er war Vorsteher. Darnach hat sich Abraham Schammes niedergelegt und ist gestorben. Bevor er die Seele ausgehaucht hat, hat er gesagt: »Man hat mich berufen, um im Jenseits vor Gericht als Zeuge auszusagen.«

Chajim Fürst – er ruhe in Frieden – hat einen Sohn gehabt, der hat Salomon geheißen, der ist Vorsteher gewesen und auch gestorben. Er ist ein sehr ehrenwerter Mann gewesen und ein großer Gelehrter. Und noch andere Hausväter waren, die ich aber vergessen habe.

So hat Gott – gelobt sei er – den Streit unter den Vorstehern geendet.

Empfohlene Zitierweise:
Glikl bas Judah Leib: Die Memoiren der Glückel von Hameln. Wien, 1910, Seite 30. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Glueckel_030.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)