Seite:Glueckel 056.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

geworden und sollte sterben. Da hat sie ihre Tochter, die Frau meines Schwagers Abraham, zu sich holen lassen und hat gesagt: »Meine liebe Tochter, ich lieg in Gottes Gewalt und werde sterben. Wenn ich ein Verdienst vor Gott haben werde, so werde ich bei ihm ausbitten, daß du Kinder kriegen wirst.«

Also ist sie gestorben und ist gar eine brave, fromme Frau gewesen. Nach ihrem Tode ist meine Schwägerin Sulke, die Frau des Reb Abraham, schwanger geworden, hat zur rechten Zeit eine Tochter gewonnen und hat solche nach ihrer Mutter Sara nennen lassen. Sieben Jahre danach hat sie einen Sohn gekriegt, welcher Samuel geheißen hat. Es wäre viel von dem Manne zu schreiben. Mein Schwiegervater – sein Andenken sei gesegnet – hat ihn nach Hannover gesetzt und er ist dort gar wohl gesessen. Er ist aber von Hannover weggenarrt worden und nach Hameln gekommen, wovon leider sein und seiner Kinder Verderben gekommen ist. Man hat ihm viel zugesagt und Kompagnie mit ihnen gemacht, es ist ihnen aber nicht gehalten worden. Gott soll es denjenigen verzeihen.

Mein Schwager Reb Abraham – er ruhe in Frieden – ist ein großer Schriftgelehrter gewesen und sehr klug. Er hat gar wenig geredet, aber wenn er geredet hat, dann ist der Hauch aus seinem Munde lauter Weisheit gewesen. Man hat gern zugehört, wenn er geredet hat. Ich werde vielleicht noch mehr von ihm erzählen.

Danach hat er[1] eine Tochter gehabt, die hat Jente geheißen. Mein Schwiegervater hat sie in ihrer Jugend mit dem Sohne des Reb Sußmann Gans verlobt, welcher in Minden an der Weser gewohnt hat. Damals hat selbiger Reb Sußmann den Namen gehabt, daß er Hunderttausend reich gewesen ist. Mein Schwiegervater – das Andenken des Gerechten sei gesegnet – und der Sußmann Gans sind über der Zeche gesessen und haben in der Trunkenheit die Heirat verabredet. Am anderen Tage, als der Reb Sußmann Gans wieder nüchtern war, hat er Reue gehabt. Aber mein


  1. Josef Hameln.
Empfohlene Zitierweise:
Glikl bas Judah Leib: Die Memoiren der Glückel von Hameln. Wien, 1910, Seite 56. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Glueckel_056.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)