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Also haben wir uns ein schönes Haus gemietet und fünfzig Reichstaler Miete das Jahr gegeben und sind zu gutem mit Magd und Knecht in unser Haus gezogen, wo uns auch der Höchste so gnädiglich bis dato erhalten, wenn er uns nicht den Schlag geschickt hätte, daß er die Krone von meinem Haupte genommen hätte. Ich halte dafür, daß es liebere, glücklichere Eheleute in der Welt nicht gegeben hat als uns.

Man muß alles mit Geduld tragen und nur Gott bitten, er soll sich wieder erbarmen und uns mit Gnade und Barmherzigkeit strafen, denn seine göttliche Gnade ist gar groß. Also haben wir in unserem Eigenen gewohnt und uns als junge Leute etwas karg und genau beholfen, doch alles recht zu seiner Zeit, und haben eine hübsche, ehrliche Haushaltung geführt.

Unser erster Diener, den wir bei uns gehabt haben, ist Abraham Kantor aus Hildesheim gewesen, welchen wir vorerst bei uns hatten, die Kinder zu bewahren. Einige Jahre später ist er auf einige Jahre von uns weggegangen und hat ein wenig für sich gehandelt. Danach ist hier eine Witwe gewesen, die hat er genommen; er hat sie nicht lange gehabt, sie ist gestorben. Dann hat er ein Mädchen von Amsterdam genommen und in Hamburg gewohnt. Wir haben ihm Geld vorgeschossen und ihn nach Kopenhagen geschickt. Kurz, er ist heute ein Mann, wie man sagt, von zehntausend Reichstalern und mehr.

Wie meine Tochter Zipora zwei Jahre alt gewesen ist, bin ich wieder ins Kindbett gekommen mit meinem Nathan. Was für eine Freude da mein Mann – sein Andenken sei gesegnet – gehabt hat, ist nicht zu beschreiben. Gott soll geben, daß wir viel Freuden an unseren Kindern erleben. Und was für eine schöne Beschneidungsfeier mein Mann gemacht hat, ist nicht zu beschreiben.

Und weil ich nunmehr keine andere Hilfe und keinen Trost mehr habe, als das, was ich von meinen Kindern zu erleben hoffe, so bitte ich den großen Gott, er soll seine Gnade und Barmherzigkeit dazu geben.

Empfohlene Zitierweise:
Glikl bas Judah Leib: Die Memoiren der Glückel von Hameln. Wien, 1910, Seite 66. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Glueckel_066.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)