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An allen Plätzen und unter allen Toren sind alle reisenden Leute scharf examiniert worden.

Wir haben den grün Moses gefragt: »Wie bist du in den Ort gekommen?« Hat er gesagt: »Ich hab gesagt, ich bin ein Schreiber bei dem Amtmann von Hochheim.« Das ist ein Dorf nicht weit von Hameln. Nun, was haben wir tun sollen? Er ist nun dagewesen und hat alle Perlen bei sich gehabt. Wir haben ihn doch nirgends verstecken können, daß es mein Schwiegervater und meine Schwiegermutter nicht gewußt hätten. Wir haben es ihnen sagen müssen. Ob es ihnen schon nicht gefallen hat, ist es nicht zu ändern gewesen. Nun hat der grün Moses nicht nachlassen wollen, daß mein Mann - das Andenken des Gerechten zum Segen - mit ihm ziehen sollte, die Perlen zu verkaufen, damit er wieder hinwegziehen kann, um frische Ware zu kaufen.

Nun, was hat mein Mann - das Andenken des Gerechten zum Segen - tun sollen? Es hat viel Geld drinnen gesteckt, und solche Ware lang liegen zu lassen, dient nicht, denn es ist kein großer Gewinn daran. Wenn sie lang liegen, fressen die Zinsen den Verdienst auf. Also hat er sich resolviert, mit grün Moses nach Hamburg zu ziehen und zu sehen, die Partie Perlen zu verkaufen, und auch zu sehen, wie es in Hamburg steht, damit ich mit den Kindern wieder in mein Nestchen kommen könnte.

Denn ich bin es gar müde gewesen; obschon wir in keinerlei Sachen Mangel gehabt haben, so bin ich doch nun Hamburg gewohnt gewesen und in unserem Geschäft gesessen.

Also ist mein Mann nach Hamburg gekommen und gleich mit seinen Perlen, welche wohl sechstausend Reichstaler Banco wert waren, eingetroffen und bald zu Kaufleuten, Moskowiafahrern, gegangen und hat seine Perlen sehen lassen. Er ist wohl bei sechs Kaufleuten gewesen, aber keiner wollte ein gutes Angebot machen, so daß wenig Verdienst dabei gewesen wäre. Solches ist im Monat Schewat gewesen. Nun hat mein Mann - das Andenken des Gerechten zum Segen - nicht gewußt, was er tun soll. Er hat Wechsel zu bezahlen

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Glikl bas Judah Leib: Die Memoiren der Glückel von Hameln. Wien, 1910, Seite 91. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Glueckel_091.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)