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gelernt und sich nicht mit Guttaten bemüht haben. Also sagen sie zur Antwort, daß sie wegen ihrer Geschäfte und ihres großen Reichtums keine Zeit gehabt haben[WS 1]. So fragt man sie: »Habt ihr denn mehr Reichtümer als Elieser, der Sohn des Charsom?« Der hat so viele Städte auf dem Festland gehabt und wieder so viele Städte auf dem Meer und viele Schiffe auf dem Meer gehen gehabt und hat sich doch nicht hindern lassen in seiner Thora.

Also bedeutet der gute Elieser, daß die Reichen zur Verantwortung gezogen werden.

Also sieht man wohl, daß unsere Verantwortungen auf jener Welt wenig helfen werden und daß das Beste ist: »Du mußt dich ganz an den Ewigen, deinen Gott halten.«

Nun, wieder von unseren Sachen anzufangen. Ich bin ins Kindbett gekommen mit meinem Sohn Reb Mordechai, und Gott gebe, daß sein Ende so glücklich und wohl wäre wie seine Geburt. Aber was hilft es; der Höchste hat schon alles beschlossen, wie es sein soll.

Ich habe schon in meinem dritten Buch geschrieben von der Erlösung, auf die wir gehofft haben, und schon erwähnt, daß mein Schwiegervater – das Andenken des Gerechten gesegnet – uns zwei Fässer zugeschickt hatte und vermeinte, damit zusammen nach Palästina zu ziehen, wenn ganz Israel sich dort versammelt. Aber da er nun gesehen hat, daß nichts daraus geworden ist, ist er von Hameln fortgezogen und hat sich mit meiner Schwiegermutter nach der Stadt Hildesheim zu wohnen begeben. Selbes ist eine hübsche, fromme Gemeinde gewesen und nur fünf Meilen von Hameln gewesen.

Also haben sie einige Zeit dort gewohnt. Mein Mann – das Andenken des Gerechten gesegnet – hat seine Eltern gar sehr geliebt und gar in Ehren gehalten, also hat er – er ruhe in Frieden – mich gebeten: »Mein Glückelchen, laßt uns nach Hildesheim ziehen und Vater und Mutter besuchen. Du hast sie seit mehr als zwölf Jahren nicht gesehen.« Ich bin es zufrieden gewesen. So haben wir unsere Magd und unseren Jungen genommen und drei


  1. Vorlage: kaben
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Glikl bas Judah Leib: Die Memoiren der Glückel von Hameln. Wien, 1910, Seite 132. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Glueckel_132.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)