Seite:Glueckel 139.jpg

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sind. Wie es heißt: »Und er ging auf ,seine' Reisen.« Also sind wir wieder nach Amsterdam gekommen und sind ungefähr vierzehn Tage dort gewesen, damit mein Mann – das Andenken des Gerechten gesegnet – dort noch etwas gehandelt hat. Darauf sind wir von Amsterdam nach Delfzyl gezogen. Da muß man über das Meer, das heißt den Dollart, denn der stärkste Mensch, der das Meer nicht gewöhnt ist, muß dort todkrank werden. Denn es ist gar ein Wirbel und das Schiff wird sehr gerumpelt. Also sind wir in das Schiff gekommen und haben unser Gesinde in der Kajüte gelassen, das ist so viel wie ein Haus, und ich und mein Mann – das Andenken des Gerechten gesegnet – haben uns von dem Schiffer ein kleines Kämmerchen gedungen, in dem wollten wir allein sein. Und in der Wand von dem Kämmerchen ist ein Loch hinaus gewesen, das hat man können auf- und zumachen. Aus dem Loch hat man können in die Kajüte sehen und heraus und hineintun, was man begehrte.

Wie wir nun in unser kleines Kämmerchen gekommen sind, sind drin zwei Bänke gewesen, daß man sich hat darauflegen können. Also sagt mein Mann – das Andenken des Gerechten gesegnet – zu mir: »Glückelchen, da leg dich hübsch auf eine Bank und ich will dich gut zudecken. Hüte dich und sei vorsichtig, reg dich nicht und lieg ganz still, so wird dir das Meer nicht schaden.« Ich bin niemals drüber gefahren, aber mein Mann – das Andenken des Gerechten gesegnet – ist oftmals über den Dollart gefahren und ist darin erfahren gewesen. Ich habe meinem Mann – das Andenken des Gerechten gesegnet – zwar gefolgt und mich still hingelegt, aber in der Kajüte ist meine Dienerin mit meinem säugenden Kind drin gewesen und wir haben gar ein böses Wetter und konträren Wind gehabt. Das Schiff ist sehr hohl gegangen und alle, die in dem Schiff gewesen, sind todkrank gewesen, und alle haben – mit Vergebung – speien müssen. In Wahrheit, es ist so keine Krankheit in der Welt gewesen. Ich halte dafür, daß Todesnot nicht größer sein kann. Ich hab es zwar nicht gespürt, so lange ich still gelegen bin, nur ist meine Magd auch

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Glikl bas Judah Leib: Die Memoiren der Glückel von Hameln. Wien, 1910, Seite 139. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Glueckel_139.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)