Seite:Glueckel 143.jpg

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gesegnet – und wir sind allezeit gute Freunde und Bekannte gewesen.

Sie hat getan, was möglich war, um uns fortzuhelfen. Endlich ist doch der Schluß geblieben, daß wir nach dem Versöhnungstag sollten zu Land heimfahren, und mein Mann – das Andenken des Gerechten gesegnet – sollte nach Aurich, um von dem General Buditz einen Paß zu nehmen. Denn der General Buditz hat bei unterschiedlichen Königen und Herzogen gedient und war bei allen sehr beliebt gewesen, so daß wir mit seinem Paß sicher durchkommen konnten. Und zum Ueberfluß wird Meir Aurich erwirken, daß der General Buditz uns einen wackeren Offizier mitgibt, der als ein Salvaguardia mit uns zieht. Also ist mein Mann – das Andenken des Gerechten gesegnet – nach Aurich gereist und ist einen Tag vor dem Versöhnungsfest wieder gekommen, als wir haben zu essen anfangen wollen. Es ist alles nach seinem Wunsch eingerichtet gewesen. Er hat auch einen Korporal, einen wackeren, ehrlichen Menschen, mitgebracht, der mit uns bis gegen Hamburg gezogen ist. Gleich nach dem Versöhnungsfest haben wir einen Wagen dingen müssen bis nach Oldenburg. Da haben wir schier müssen Wagen und Pferde bezahlen, denn es hat sich keiner wagen wollen. Ein jeder Fuhrmann hat Angst gehabt für seine Pferde. Nun ist mein Mann – das Andenken des Gerechten gesegnet – in großer Sorge gewesen, wie wohl zu denken ist, und er ist gar unmutig gewesen. Ich habe müssen mein gutes Reisekleid austun und alte Lumpen antun müssen. Reb Meir, dessen ich schon gedacht habe, ist bei uns gesessen und hat zu meinem Mann – das Andenken des Gerechten gesegnet – gesagt: »Mein Reb Chajim, warum seid ihr so unmutig und warum verkleidet ihr eure Frau so scheußlich?« Sagt mein Mann – das Andenken des Gerechten gesegnet: »Gott weiß, daß ich mich nicht achte, selbst wenn ich Geld bei mir führe, auch nicht. Ich fürchte nur für das Weibsvolk, für meine Frau und die Magd.« So sagt Reb Meir: »Dafür brauchst du keine Sorge zu haben, und ohne Spaß, Reb Chajim, ihr irrt euch in eurer

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Glikl bas Judah Leib: Die Memoiren der Glückel von Hameln. Wien, 1910, Seite 143. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Glueckel_143.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)