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König gewesen und Gott hat ihn in meine Hand gegeben. Wer weiß, ich bin doch auch noch nicht gestorben, es möchte mir einmal auch so gehen.« Und er hat den König Krösus wieder begnadigt und hat ihm sein Leben, sein Land und seine Leute wieder gegeben.

Darum, wenn schon es uns Menschen ganz wohl ergeht, sollen wir uns nicht übernehmen und uns bedenken, daß wir nicht wissen, wie unser Ende ist oder sein wird, wie man aus dieser Geschichte gelesen hat.

Nun, meine Mutter hat ihre Kinder alle in Reichtum und Ehre verheiratet gehabt und in aller Vergnüglichkeit. Als mein Vater – das Andenken des Gerechten gesegnet – gestorben war, ist meine Mutter ungefähr 44 Jahre alt gewesen. Obzwar ihr unterschiedliche gute Partien vorgekommen sind, daß sie wieder einen Mann hätte nehmen können, daß sie wieder in großen Reichtum gekommen wäre; aber die liebe, fromme Frau hat sich niemals darein begeben wollen. Sie ist lieber also sitzen geblieben, mit dem wenigen, was sie nebbich noch übrig behalten hat und hat sich allein still beholfen und sich mit dem wenigen sauber und schön ernährt. Doch hat sie in ihrem eigenen Häuschen gewohnt und ihre große Magd bei sich gehabt und hat geruhig und wohl gelebt.

Und es ist zu bitten, daß wenn Gott ja strafet so eine Frau, wenn sie, Gott bewahre, ihren ersten Mann verliert, dann wolle doch der gütige Gott ihr auch so einen Sinn eingeben.

So vergnüglich als diese liebe Frau lebet und so viel Gutes als sie von dem Bisselchen tut und wie geduldig sie in allem ist, so ihr Gott – er sei gelobt – alles zuschickt, da wäre viel davon zu schreiben. Und sie ist so in Ehren sitzen geblieben. Gott – er sei gelobt – soll geben, daß sie es ausführen soll bis zur Zeit, da unser Messias kommen wird.

Die Vergnüglichkeit, die wir Kinder und ihre Enkel von der lieben Frau haben, ist nicht zu sagen. Gott – er sei gelobt – soll sie bis hundert Jahr gesund lassen.

Empfohlene Zitierweise:
Glikl bas Judah Leib: Die Memoiren der Glückel von Hameln. Wien, 1910, Seite 164. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Glueckel_164.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)