Seite:Glueckel 176.jpg

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eine große Freude gehabt hat, daß er den Namen seines frommen Vaters – das Andenken des Gerechten gesegnet – so schnell wieder gehabt hat. Aber den Weibern, die bei meinen Kindesnöten bei mir gewesen sind, habe ich angesehen, daß sie die Köpfe mächtig zusammengesteckt haben und mächtig sehr geheimnisvoll geredet. Ich wollte nicht nachlassen und wollte wissen, was los ist. Endlich hat man mir gesagt, daß das Kind über seinen ganzen Leib und den Kopf voll brauner Flecken wär; sie haben mir ein Licht an mein Bett bringen müssen, daß ich es gesehen hab. Nicht allein, daß das Kind voll solcher Flecken gewesen ist, es ist dagelegen wie ein Häufchen Lumpen und hat nicht Hand noch Fuß gerührt, als wenn ihm sollte, Gott bewahre, gleich die Seele ausgehn. Es hat nicht saugen wollen und nicht sein Maul auftun.

Mein Mann – das Andenken des Gerechten gesegnet – hat solches auch gesehen, und wir haben uns sehr gegrämt. Solches alles ist Mittwoch in der Nacht geschehen, und am Donnerstag danach hätte sollen die Beschneidung sein, aber wir haben keine Apparence dazu gesehn, denn das Kind ist täglich schlaffer geworden.

Also ist der Sabbat gekommen, wir haben zwar für Freitag zu Nacht den Empfang abgehalten, haben aber keine Besserung an dem Kind gespürt. Am Sabbat Ausgang, als mein Mann – das Andenken des Gerechten gesegnet – Wochenweihe gemacht hatte, ist meine Mutter bei mir gewesen. So sag ich zu meiner Mutter: »Mutter, ich bitte dich, laß mir meine Sabbatsfrau zu mir kommen, ich will sie wegschicken.«

Also fragt mich meine Mutter, wohin ich sie schicken wollte. Sag ich zu meiner Mutter: »Ich hab mich die ganze Zeit bedacht, was das doch mit dem Kind mit den Flecken ist, und daß es so schlaff ist. So hab ich mir überlegt, ob es nicht Schuld ist, daß ich nach den Mispeln gelüstet habe und hab sie nicht bekommen können. Und wirklich bin ich ja dieselbe Nacht ins Kindbett gekommen. Ich will die Frau hinschicken, sie soll mir für ein paar Schilling Mispeln

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Glikl bas Judah Leib: Die Memoiren der Glückel von Hameln. Wien, 1910, Seite 176. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Glueckel_176.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)