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es nicht verdient. Also alles Gott – er sei gelobt – befohlen, wie weiter folgen wird.

Mein Sohn Reb Mordechai ist aufgewachsen, gar ein schöner Jüngling geworden und gar ein geratenes, feines Kind. Gott, der soll es ihm bezahlen, wie er das »Ehre Vater und Mutter« gehalten. In Summa ist er in allen Sachen wohl geraten gewesen. Er ist mit meinem Mann – das Andenken des Gerechten gesegnet – in Leipzig gewesen, und wie dieser die Krankheit Kolik bekommen hat, haben alle Leute, die in Leipzig gewesen sind, nicht Wunder genug zu sagen gewußt, was er alles an seinem Vater getan hat. Die ganze Nacht ist er über ihm gelegen, hat fast nicht geschlafen, nicht gegessen oder getrunken; ist zwar seine Schuldigkeit gewesen, bei seinem Vater so zu tun, aber mein Sohn ist noch gar jung gewesen. Nun, Gott – er sei gelobt – hat ihm geholfen, daß sie zu Gutem wieder zusammen gesund heimgekommen sind.

Nun, mein Mann – das Andenken des Gerechten gesegnet – ist kein starker Mann gewesen. Deshalb hat er sich geeilt, die Kinder – sie sollen leben – zu verheiraten, und den Tag besorgt, der uns leider begegnet ist. Also ist mein Sohn Reb Mordechai verlobt gewesen mit der Tochter des reichen Vorstehers Reb Moses, dem Sohn des Reb Nathan.

Mein Mann – das Andenken des Gerechten gesegnet – hat ihm zweitausend Reichstaler dänische Kronen mitgegeben, und Reb Moses, der Sohn des Reb Nathan hat seiner Tochter dreitausend Reichstaler in dänischen Kronen gegeben. Die Hochzeit haben wir zusammen auf unser beider Kosten gemacht. Sie hat uns zusammen ungefähr dreihundert Reichstaler gekostet. Wir haben ihnen zwei Jahre Kost gegeben und ihn mit seiner Frau bei mir gehabt. Aber kein halbes Jahr danach ist leider für meinen Mann – das Andenken des Gerechten gesegnet – seine Zeit gekommen und unser Maß von Sünden ist voll gewesen, daß Gott – er sei gelobt – meinen frommen Mann – das Andenken

Empfohlene Zitierweise:
Glikl bas Judah Leib: Die Memoiren der Glückel von Hameln. Wien, 1910, Seite 181. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Glueckel_181.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)