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alles zu billig angesetzt. Wenn ich, Gott bewahre, meine Waren so billig stellen wollte, müßte ich, Gott bewahre, Bankrott machen. So sag ich: »Mich deucht, daß es so besser ist, wenn ich billig stell und teuer verkauf, als wenn ich teuer stell und es billig verkauf. Ich hab eine Bilanz gemacht, daß, wenn es auch billig verkauft wird, so wie ich es angesetzt hab, so ist doch ein gutes Kapital für meine Waisen da.« Also hab ich Anstalt gemacht zur Versteigerung und solches ist auch geschehen und gar glücklich gegangen.

Im allgemeinen ist gar gut verkauft worden. Und obschon man auf ein halbes Jahr Zeit gegeben hat, so ist doch alles glücklich und gut eingegangen, und Gott sei Dank nichts verloren worden. Sobald alles, was Geld ist, eingegangen war, hab ich gleich bezahlt, was wir schuldig gewesen sind und habe binnen einem Jahr ganz abbezahlt. Und was weiter an Barschaften dagewesen ist, hab ich alles auf Zinsen verliehen.

Nun, wie ich schon erwähnt, ist meine Tochter Esther Braut gewesen und schon lange verlobt gewesen, so daß wir weder dazu noch davon gekonnt haben. Nach den dreißig Trauertagen habe ich an Jachet, die Mutter des Bräutigams, nach Metz geschrieben und ihnen meinen betrübten Stand vorgestellt und geschrieben, da ich nun leider eine Witwe bin, und meine Tochter, die Braut, eine Waise, also möchten wir uns gegenseitig nicht länger aufhalten, und sie möchte den Bräutigam hierher zur Braut schicken, um zu sehen und gesehn zu werden, wie ich schon erwähnt und geschrieben. Aber die Antwort ist gewesen: Weil ich so viel über ihren Sohn geschrieben und Leute ebensoviel Verleumdung über meine Tochter gesagt, welches zu glauben steht, so wollten sie den Bräutigam nicht schicken. Wenn ich aber meinte, daß solche Lügner und Verleumder Wahrheit hätten, dann möchte ich einen von meinen Freunden nach Metz schicken und den Bräutigam besehen lassen. Und zudem, weil großer Krieg zwischen Seiner Majestät dem König von Frankreich und Deutschland gewesen ist, könnten

Empfohlene Zitierweise:
Glikl bas Judah Leib: Die Memoiren der Glückel von Hameln. Wien, 1910, Seite 199. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Glueckel_199.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)