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zieh mit mir nach Berlin in mein Haus, dort will ich euch alles zeigen, daß ihr vergnügt sein werdet.«

»Auf alle Fälle,« hab ich zu ihm gesagt, »kauf jetzt kein Stück Ware.«

Aber Reb Isaak und Reb Simon[1], Sohn von Reb Man in Hamburg, sind hinter meinem Rücken hergegangen und haben ihm für mehr als vierzehnhundert Reichstaler Waren verkauft und geborgt. Ich bin es gewahr worden und bin zu ihnen gegangen und hab sie um Gottes willen gebeten, sie sollten doch das Geschäft zurückgehen lassen, denn mein Sohn sollte sich aus dem Warenhandel heraustun, denn es wäre sein Verderben. Aber es hat mir alles nicht helfen wollen, sie haben meinen Sohn gezwungen, er hat die Ware nehmen müssen. Nun, nach der Leipziger Messe bin ich und mein Sohn Reb Mordechai nach Berlin gezogen mit seinem Schwiegervater Reb Hirsch und allen Berlinern.

Wie ich nun nach Berlin in das Haus von meinem Sohn gekommen bin, ist am ersten Abend nichts geschehen. Ich bin von der Reise müde gewesen, doch haben wir zusammen geredet. Hat mein Sohn gesagt: »Es fehlt mir nicht mehr, als daß ich zu voll mit Waren stecke.«

Also hab ich zu ihm gesagt: »Du bist mir über dreitausend Reichstaler schuldig. Ich will meinetwegen dafür lauter Waren annehmen, für das, was sie dich gekostet haben.«

Also sagt mein Sohn Reb Löb: »Meine liebe Mutter, wenn du das tun willst, so kann ich aus all meiner Not kommen, so daß keiner an mir zu kurz kommen soll.«

Nun, den nächsten Tag bin ich mit meinem Sohn in sein Gewölb gegangen. Es ist in Wahrheit eine Menge Ware in seinem Gewölb gewesen. Also hat er mir für dreitausend Reichstaler Waren gegeben, so wie sie ihn gekostet haben. Nun kann man sich wohl denken, was ich für ein Gesicht gehabt hab. Aber ich wollte alles nicht achten und hab nur gemeint, meinem Kinde zu helfen. Also haben wir die Waren alle in Packen eingepackt und hab sie wollen nach Hamburg schicken.


  1. Vergl. Grunwald: »Hamburger Juden«, S. 278, Nr. 2837.
Empfohlene Zitierweise:
Glikl bas Judah Leib: Die Memoiren der Glückel von Hameln. Wien, 1910, Seite 208. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Glueckel_208.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)