Seite:Glueckel 280.jpg

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Gedanken nachzuhängen. Besonders weil mich ein jeder Mensch wirklich beneidet und die ganze Welt mit vollem Mund gesagt hat, ich müßte viel Gutes getan haben, daß ich so glücklich wäre und zu so einem guten, wackeren Mann und in solchen Wohlstand komme. Trotzdem habe ich mich nicht wohl gefühlt und ist mir mein besorgtes Herz nicht recht ruhig gewesen, und das Ende lehrt den Anfang beurteilen. Nun, wem soll ich es zuschreiben? Meine Sünden haben das verursacht.

Am Sabbat früh hat man meine Tochter, die Waise Mirjam, rufen lassen, mit meiner Stieftochter, der Jungfer Frumet, und ihr als Sabbatobst ein goldenes Kettchen gegeben. Also ist alles gut und herrlich zugegangen. Alle Briefe, die mein Schwiegersohn aus Paris an meine Tochter geschrieben hat, sind eitel Rekommandation gewesen, daß meine Tochter mich gut bewirten soll, und die Briefe sind eitel Liebe und Zuneigung gewesen, wie es billig hat sein sollen.

Aber die Liebe hat nicht länger gewährt, als »bis der Tag hinweggeblasen war und die Schatten zogen«, wie an seiner Stelle alles folgen wird. Mein Schwiegersohn – er lebe – hat gemeint, er hätte vielleicht gar ein gutes Werk verrichtet, und daß ich sehr gut ankommen werde.

Die Woche ist so hingegangen, daß nichts Sonderliches passiert ist. Die andere Woche am Donnerstag, am 1. Tamus 1700 ist die Hochzeit gewesen. Man hat mich morgens früh aus dem Hause meiner Tochter Esther in das Nachbarhaus von meinem Mann geführt. Da bin ich bis ungefähr nach Mittag gesessen. Nachmittag hat mich mein Mann mit einem vornehmen Trauring von einer Unze geehelicht.

Die Rabbinerin Breinle und die reiche Jachet sind die Unterführer gewesen. Der Trauhimmel ist in unserem Sommerhöfchen gewesen. Nach der Trauung hat man mich in unsere Kammer geführt vor dem Kabinett, welche gar schön möbliert gewesen ist. Also hat man uns Essen gebracht und einen Hochzeitskuchen, wie es in Deutschland

Empfohlene Zitierweise:
Glikl bas Judah Leib: Die Memoiren der Glückel von Hameln. Wien, 1910, Seite 280. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Glueckel_280.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)