Seite:Glueckel 287.jpg

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gebeten, man solle ihm doch sagen, was die Bedeutung davon wäre. Da hat man ihm geantwortet: »Hör zu, du Alexander, du sollst wissen, so lange das Auge bei den Menschen lebt, ist es nicht zu ersättigen. Denn je mehr und mehr der Mensch hat, hat er doch immerzu nicht genug und will noch mehr haben. Darum hat das Auge all das Silber und Gold überwogen. Aber sobald der Mensch stirbt und man Erde auf sein Auge wirft, hat er genug. Drum, alsobald, als du Erde auf das Auge geworfen hast, so hast du es mit einer kleinen Sache überwiegen können. Und siehe, du Alexander, du kannst das an dir selber sehen. Du hast dich nicht mit deinem Königreich begnügt, und hast dich nicht damit begnügt, daß du die ganze Welt dir unterworfen hast, so hast du noch dahin kommen wollen, wo Gottes Kinder und Diener sind. So lange du also lebst, ist keine Genügsamkeit bei dir, und du willst keine Ruhe haben und immerzu mehr haben, da ich dir doch mit Gewißheit sage, daß du in einem fremden Lande sterben wirst, und du hast nicht mehr lange dazu. Und wenn man Erde auf dich schütten wird, wirst du mit vier Ellen Land genug haben, wenn dir auch sonst die ganze Welt zu klein war. Und es wird dir, Alexander, angesagt, nichts weiter zu reden oder zu fragen, denn man wird dir weiter nicht antworten; und dich flugs von diesem Ort hinwegzumachen, damit dir nicht begegne, was deinen Schiffen und deinen Leuten widerfahren ist.«

Also ist der König wieder mit seinem Schiff zurückgefahren in das Land Haudu und hat nicht lange danach einen bitteren, schrecklichen Tod eingenommen. Denn man hat ihm ein tötliches Gift eingegeben, wie es in seiner Geschichte von seinem Lehrmeister Aristoteles weitläufig beschrieben ist.

Wie erwähnt, daß auf der Erde gar viele Menschen sind, die auf das Geld gar sehr erpicht und nicht zu ersättigen sind, so daß oftmals viel Böses davon kommen kann. Und gar zu freigebig zu sein, dient auch nicht, daß man das Seinige unnütz vertun wollte. Der reine Groschen, der ehrlich

Empfohlene Zitierweise:
Glikl bas Judah Leib: Die Memoiren der Glückel von Hameln. Wien, 1910, Seite 287. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Glueckel_287.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)