Seite:Glueckel 302.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Gericht prozessieren geht. Und sind schon zeitweise kleine Streitigkeiten gewesen, wie das leider bei Juden oft vorkommt, so sind dieselben doch alle entweder beim Gemeindevorstand oder bei den Rabbinern geschlichtet worden. Und man ist auch nicht so hochmütig gewesen wie jetzt. Man war auch nicht so vornehmes Essen gewohnt wie jetzt. Ihre Kinder haben sie sehr zum Lernen angehalten und wiederholt die tüchtigsten Rabbiner angestellt.

Zu meiner Zeit ist der fromme Gaon Reb Gabriel – sein Licht leuchte – Oberrabbiner und Landesvorsteher gewesen. Wenn ich von demselben seiner Frömmigkeit und Gerechtigkeit schreiben sollte, sollte es mir zu viel werden. Aber weil dieses weltkundig ist, so steht es mir nicht an, von seinen Eigenschaften zu schreiben, von denen ich nicht die Hälfte oder den zehnten Teil beschreiben könnte. Kurz, der erwähnte Oberrabbiner hat sich mit dem reichen Rabbi Samson aus Wien verschwägert: der Sohn des Gaon Rabbi Gabriel hat die Tochter des erwähnten Rabbi Samson genommen. Die Mitgift mit Geschenken ist dreißigtausend Reichstaler gewesen. Also sind der Oberrabbiner Reb Gabriel mit der Rabbinerin und sein Sohn Reb Löb – er ruhe in Frieden – und der Bräutigam Rabbi Berisch nach Wien gezogen und haben dort die Hochzeit in so großen Ehren gemacht, wie es unter Juden noch nie so prächtig zugegangen ist. Aber was soll ich mich bei dieser Materie lange aufhalten? Da ich doch nicht alles vollkommlich schreiben kann, ist es besser, es bei dem wenigen bleiben zu lassen und weil solches doch weltkundig genug gewesen ist.

Der fromme und berühmte Gelehrte Oberrabbiner Reb Gabriel – sein Licht leuchte – hat von der Gemeinde – sie lebe ewig – die Erlaubnis gehabt, ein Jahr lang auszubleiben, aber man hat hier nicht gemeint, daß er ein Jahr ausbleiben wird. Aus dem einen Jahr sind beinahe drei geworden. Wie das Jahr vorbei gewesen ist, hat ihm die Gemeinde – sie lebe ewig – in aller Ehre der Welt geschrieben, er möchte doch wieder in Frieden heimkommen, hierher in sein Rabbinat Metz, denn die Gemeinde wäre

Empfohlene Zitierweise:
Glikl bas Judah Leib: Die Memoiren der Glückel von Hameln. Wien, 1910, Seite 302. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Glueckel_302.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)