Seite:Glueckel 303.jpg

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hier wie Schafe ohne Hirten, denn so eine Gemeinde kann nicht gut ohne Oberrabbiner sein, wenn hier auch wackere Leute, große Schriftgelehrte, kluge und weise Männer waren und unter ihnen besonders der alte Gaon Rabbi Ahron. Dieser ist ein großer Gelehrter und war etliche Jahre Oberrabbiner in Mannheim und Umgebung und auch im Elsaß.

Der erwähnte alte Rabbi Ahron hatte sich mit dem Schwiegersohn des erwähnten Rabbi Gabriel verschwägert. Dessen Tochter hat den Sohn des Rabbi Ahron, Oberrabbiner im Elsaß, genommen. Also hat Rabbi Ahron die Partei von dem Oberrabbiner Gabriel gehalten und wiederholt vorgewendet, daß sein Gevatter, der erwähnte Rabbi Gabriel, kommen werde. So hat denn der erwähnte Gaon Rabbi Ahron, der sehr klug ist und dessen Worte sehr geachtet werden, denn er war sehr tüchtig und klug in religiösen wie in weltlichen Dingen, die Gemeinde für einige Zeit beruhigt. Endlich hat die Gemeinde – sie lebe ewig – erfahren, daß der Gaon Rabbi Gabriel wirklich von der Gemeinde Nikolsburg als Oberrabbiner aufgenommen worden ist. Es wäre viel davon zu schreiben, was daraus für viele Streitigkeiten entstanden sind. Der Sohn des Rabbi Gabriel ist hierher gekommen und hat gemeint, die Gemeinde – sie lebe ewig – zu überreden, daß sie noch länger warten solle. Aber weil man gehört hatte, daß der gelehrte Rabbi Gabriel sich in der obengenannten Gemeinde hat aufnehmen lassen, hat die Gemeinde – sie lebe ewig – in einer Versammlung des größten Teiles der Gemeindemitglieder beschlossen, einen anderen Oberrabbiner aufzunehmen, wodurch sie große Streitigkeiten erregt haben. Denn die Partei von dem erwähnten Rabbi Gabriel und Rabbi Ahron mit seiner Partei haben gar viel getan, und es ist großer Streit gewesen, denn sie hätten gern verwehrt, daß man einen Oberrabbiner aufnehmen soll, nur um auf den frommen Rabbi Gabriel zu warten. Aber da solches nicht geschehen ist, sind große Streitigkeiten entstanden, welches nicht nützlich zu schreiben ist. Endlich hat sich die Gemeinde – sie lebe ewig – in einer großen

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Glikl bas Judah Leib: Die Memoiren der Glückel von Hameln. Wien, 1910, Seite 303. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Glueckel_303.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)