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     Das dauchte dem Diener so wol und so bang!

So bang und so wol! Er zweifelte lang;
Viel zweifelt’ er her, viel zweifelt’ er hin;
Von Hoffen und Ahnden war trunken sein Sin.

     Doch als es wol tief um Mitternacht war,

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Und stil herab blinkte der Sternlein Schaar;

Da sprang er vom Lager, lies Schlummer und Traum,
Und eilt’ in den Garten zum kundigen Baum.

     Und, als er stilharrend am Liebesbaum sas,
Da säuselt’ im Laube, da schlich es durch’s Gras,

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Und eh’ er sich wandte, da nahm’s ihn in Arm,

Da weht’ ihn ein Odem an, lieblich und warm.

     Und, als er die Lippen eröfnet zum Grus,
Verschlang ihm die Rede manch durstiger Kus,
Und eh’ es ihm zugeflüstert ein Wort,

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Da zog es am samtenen Händchen ihn fort.

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Gottfried August Bürger: Gedichte. Johann Christian Dieterich, Göttingen 1778, Seite 212. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gottfried_August_B%C3%BCrger_Gedichte_1778.pdf/275&oldid=- (Version vom 1.8.2018)