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Gottfried Keller: Zwei autobiographische Schriften. In: Nachgelassene Schriften und Dichtungen, S. 1 - 22

und Anfüllen wunderlicher Schreibebücher, ergriff dann aber mit Ostern 1840 auf eigenen und fremden Rath den Wanderstab, um aus dem unsichern Thun hinauszukommen und in der Kunststadt München den rechten Weg zu suchen. Allein er fand ihn nicht und sah sich genöthigt, gegen Ende des Jahres 1842 die Heimat wieder aufzusuchen. Während er hier seine Bestrebung im Komponiren großer Phantasielandschaften von Neuem aufzunehmen glaubte, gerieth er hinter seinen Staffeleien unversehens auf ein eifriges Reimen und Dichten, so daß ziemlich rasch eine nicht eben bescheidene Menge von lyrischen Skripturen vorhanden war.

     Um diese Zeit lebte A. A. L. Follen in Hottingen, der vom Wartburgfeste her wegen seiner schönen Gestalt deutscher Kaiser genannt wurde, wie die Sage ging. Er war an der von Julius Fröbel gegründeten Verlagsbuchhandlung „Literarisches Comptoir in Zürich und Winterthur“ betheiligt, welche später auch Arnold Ruge nach Zürich zog, als seinen Reformplänen dienend.

     Follen, welchem Gottfried Keller nach Art junger Anfänger seinen Erstlingsvorrath vorgelegt, sichtete diese Papiere und veranlaßte die Aufnahme eines Theiles in das vom literarischen Comptoir herausgegebene „Deutsche Taschenbuch auf das Jahr 1845“, das poetische Beiträge von Hoffmann von Fallersleben, Robert Prutz u. A. brachte. Der zweite und letzte Jahrgang 1846 enthielt einen weitern Theil, und ein inzwischen entstandener Cyklus von Liedern erschien im Stuttgarter Morgenblatt. Aus diesen Bestandtheilen redigirte Follen, der die Sache väterlich an Hand genommen und führte, den ersten Band von Gottfried Keller’s Gedichten, der 1846 in Heidelberg erschien.

Empfohlene Zitierweise:
Gottfried Keller: Zwei autobiographische Schriften. In: Nachgelassene Schriften und Dichtungen, S. 1 - 22. Wilhelm Hertz, Berlin 1893, Seite 2. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gottfried_keller_autobiogr_02.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)