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In diesem Augenblicke brachte ein Eilbote aus dem Kloster Lindau ein Schreiben von der Aebtissin. Hastig riß er es von einander, und las:

„Heute früh ist Eure unglückliche Schwester gestorben. Ihre Seele steht vor Gott und klagt Euch, Graf Isang, an. Ihr Tod ist die Folge Eurer himmelschreienden Schandthat. Im Wahnsinn schied ihr Geist, und ihre letzten Worte waren: Wehe, Wehe über ihn! Gott sey Euch gnädig.“

Hermann stürzte nieder zur Erde, krümmte sich heulend, und schrie wie einer, dem tausend Messer das Herz durchschneiden.

„Schrecklich, schrecklich! O, wer hilft mir von dieser Qual! Wer nimmt mir mein schändliches Leben!“

Die Diener sprachen ihm zu, hoben ihn auf, wollten ihn ins Schloß zurückbringen, aber von nichts wollte er wissen. Mit Ingrimm stieß er sie von sich, und befahl ihnen,

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Gottschalck: Die Sagen und Volksmährchen der Deutschen. Hemmerde und Schwetschke, Halle 1814, Seite 100. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gottschalck_Sagen_und_Volksmaehrchen_der_Deutschen.pdf/139&oldid=- (Version vom 1.8.2018)