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selbst erscheint zugleich als Spiegel und als Gegensatz der Wirklichkeit, als bedeutsames Bild einer wünschenswerthen Weltordnung und als Inbegriff der unerfüllten Ansprüche an das Leben. –

Da indessen nach der Verschiedenheit der Zeiten sowohl als der einzelnen Charactere und selbst der augenblicklichen Stimmungen auch die Ansichten vom Leben und die Ansprüche an dasselbe höchst verschieden sind, so müssen auch die einzelnen Dichtungen darnach eine sehr ungleiche Gestalt zeigen. Bald nämlich sind sie heiter scherzend, bald bitter spottend und strafend, dann schmerzlich klagend, und dann wieder tröstlich beruhigend, bald vollständig beglückend, bald tragisch versöhnend, immer aber doch auf die eine oder die andere Weise besänftigend und befriedigend.

Und auf gleiche Weise verhalten sich nun auch die Volkssagen. Alles, was von der Poesie hier im Allgemeinen gesagt worden ist, gilt von ihnen; ja, es bewährt sich an ihnen gerade recht auffallend, und ihr Inhalt, so verschiedenartig er auch seyn mag, beweiset dieses. Wenn ein verzauberter

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Friedrich Gottschalck: Die Sagen und Volksmährchen der Deutschen. Hemmerde und Schwetschke, Halle 1814, Seite XVII. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gottschalck_Sagen_und_Volksmaehrchen_der_Deutschen.pdf/20&oldid=- (Version vom 1.8.2018)