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durch die Seele wie ein Blitzstrahl, und sie machte sich auf und floh noch zur selben Stunde aus ihres Vaters Burg, und wollt’ hinüber über die Waldhöhe nach der Kapelle zu St. Michael flüchten, zu dem alten weißhaarigen Greise, der dort einsiedelte. Bei dem wollte sie sich Raths erholen, was sie thun solle, und wie sie sich des verhaßten Ehebundes mit dem Heidenfürsten entschlagen könne.

Aber kaum war sie an die Waldhöhe gekommen mit ihrem Diener, so sprang’s schnell hinter ihnen her, und als sie sich umsahen, siehe! da erkannte Notburga den weißen Hirsch, den Otto gefangen und gezähmt hatte. Und er hielt still bei der Jungfrau, und blickte sie mit Augen an, die, wie bei den Menschen, vor Freude glänzten. Und Notburga küßte das fromme Thier, als ob’s ihr Otto selber wäre, und lachte und weinte

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Friedrich Gottschalck: Die Sagen und Volksmährchen der Deutschen. Hemmerde und Schwetschke, Halle 1814, Seite 166. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gottschalck_Sagen_und_Volksmaehrchen_der_Deutschen.pdf/205&oldid=- (Version vom 1.8.2018)