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zu wandeln, und seitdem sieht man sie im weißen Kleide mit einem Bund Schlüssel an der Seite und einem Blumenstrauß in der Hand, und nennt sie die Schloßjungfer. Sie beschenkt oder züchtigt die, mit denen sie zusammentrifft, je nachdem man sich gegen sie benimmt.

Einst hörte ein Mönch aus einem nahen Kloster von ihrem Herumwandeln. Die Neugierde, vielleicht auch noch etwas anderes, trieb ihn hin zur heiligen Stätte, um sie kennen zu lernen. Er saß eine Weile auf den alten Mauern und wartete, aber, es erschien nichts. „Hm,“ dachte er, „sollst wohl kommen!“ zog hierauf den mitgenommenen Höllenzwang aus der Tasche, und fing in Zauberformeln an, die Jungfrau laut zu citiren. Da erschien sie plötzlich, dicht vor ihm stehend.

„Was willst du?“ sprach sie mit unfreundlicher Miene.

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Gottschalck: Die Sagen und Volksmährchen der Deutschen. Hemmerde und Schwetschke, Halle 1814, Seite 188. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gottschalck_Sagen_und_Volksmaehrchen_der_Deutschen.pdf/227&oldid=- (Version vom 1.8.2018)