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sie wenigstens mit einer geheimnißvollen Vorzeit in ehrenvolle Verbindung?

Und so wandeln dann alle diese seltsamen Sagen und Mährchen neben dem mühseligen und einförmigen Leben des beschränkten, gedrückten und belasteten Volks freundlich, tröstend, hülfreich und oftmals erhebend einher, und helfen die wenigen Stunden verkürzen und erheitern, welche dem harten Dienste der Nothdurft abgewonnen worden sind. Gutmüthige Mütter aber übernehmen das dankbare Geschäft der Dichter, indem sie entweder den überlieferten Stoff nach ihrer Art bald mehr bald weniger ausführlich und lebendig darstellen und ausschmücken, auch wohl verändern und umgestalten, oder aus eigener Erfindung und gelegentlicher Veranlassung neue Erzählungen hinzufügen. Und diese Bewandniß nun scheint es überall mit den Volkssagen anjetzt zu haben. Ich sage: anjetzt, wo ein so auffallendes Mißverhältniß in Bildung, Ansichten und Sitten unter den einzelnen Theilen derselben Nation Statt findet. In alter Zeit freilich, als das sogenannte Wiederaufleben der antiken Kultur noch nicht dem einen Theile der Nation den bevorzugten Namen

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Friedrich Gottschalck: Die Sagen und Volksmährchen der Deutschen. Hemmerde und Schwetschke, Halle 1814, Seite XX. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gottschalck_Sagen_und_Volksmaehrchen_der_Deutschen.pdf/23&oldid=- (Version vom 1.8.2018)